Vor gut drei Jahren haben wir unsere Studie HR goes digital veröffentlicht und darin, über die Definition eines digitalen Reifegradmodells, ein Instrument entwickelt, das in der Lage ist, die Treiber der Digitalisierung im Unternehmen statistisch belegbar zu benennen. Hierbei wurden zentrale Mythen der Digitalisierung im HR-Bereich auf den Prüfstand gestellt. Im Vordergrund stand damals die Verbindung von Theorie und Praxis sowie die Betrachtung nicht nur der technologischen Ausstattung eines Unternehmens, sondern auch der digitalen Kultur und der Kompetenzen ihrer Mitarbeiter.
In der Zwischenzeit hat sich viel getan: Fast jede HR-Organisation hat eine Digitalisierungsoffensive gestartet und in die eigene Zukunftsfähigkeit investiert. Höchste Zeit also, um zu überprüfen, was genau sich seit 2016 getan hat und wie es heute um den Digitalisierungsgrad von HR steht.
Mit diesem Ziel bedienen wir uns erneut statistischer Methoden, um über mehr als Häufigkeiten und Antwortmuster der Teilnehmer berichten zu können. Gleichzeitig stellen wir an zahlreichen Stellen den Vergleich zu den Ergebnissen der Vorgängerstudie dar. Beispielsweise ist erkennbar, dass fehlendes Budget nicht mehr als das größte Hindernis der Digitalisierung angesehen wird, sondern dass sich der Fokus auf fehlende digitale Kompetenzen verlagert – innerhalb von HR und bei den Führungskräften. Wie bereits vor drei Jahren zeigt sich auch heute, dass HR sich nicht hinter Gesetzen und Regelungen oder einer fehlenden Unterstützung seitens des Managements versteckt, sondern, im Gegenteil, sich selbst in die Pflicht nimmt.
Im Rahmen der neuen Studie haben wir uns unter anderem mit den folgenden Kernfragen beschäftigt:
- Wie ist HR in Sachen IT ausgestattet – laufen bereits alle Kernprozesse völlig digitalisiert ab, und wie werden aktuelle HR-Daten genutzt?
- Welche sind die wesentlichen Hindernisse der Digitalisierung aus Sicht von HR und welche Rolle spielt dabei die Mitbestimmung oder das Budget?
- Inwiefern hat sich der Ressourcenbedarf innerhalb von HR verändert und welchen Herausforderungen, bspw. hinsichtlich ihres Wissens und ihrer Kompetenzen, müssen sich die HR-Mitarbeiter aber auch die Führungskräfte stellen?
- Und nicht zuletzt: Ist HR ein Treiber der Digitalisierung oder ist HR, technisch wie kulturell, immer noch nicht so weit?
Die Datengrundlage für den quantitativen Teil der vorliegenden Studie bildet ein Datensatz, der im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2018 über einen Online-Fragebogen erhoben wurde. 136 Personen aus ebenso vielen Unternehmen aus einer Vielzahl an Branchen haben auf diesem Wege ihre Einschätzung zum Reifegrad der Digitalisierung von HR in ihrer Organisation abgegeben. Die Teilnehmer sind vornehmlich im HR-Bereich tätig.
Die Teilnehmer nach Unternehmensfunktion: Die insgesamt 136 Teilnehmer sind fast ausschließlich in HR (84 Prozent) oder in sonstigen Bereichen (10 Prozent) tätig.
Als Basis der aktuellen Studie dient das 2016 entwickelte Treibermodell zur Bestimmung des digitalen Reifegrads von HR, das aus den folgenden acht Treibern besteht: Infrastrukturelle Rahmenbedingungen, Digitale Kenntnisse, Tool- und Technologie-Nutzung, Social Media-Nutzung, Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft, Internet und Mobile, HR-IT-Nutzung sowie Digitale Kultur. Ergänzt wurde das Set durch den Treiber Zukunftstechnologien. Wir gehen davon aus, dass mit diesen neun Treibern der digitale Reifegrad von HR bestimmbar ist.
Den neun Treibern wurden je vier, d. h. insgesamt 36, (ordinalskalierte) Items zugeordnet und diese mit entsprechenden Fragen adressiert (siehe Anhang). Die Items basieren im Wesentlichen auf dem Set, das bereits in der Studie von 2016 Verwendung fand – bei Bedarf jeweils gekürzt bzw. ergänzt.
In Ergänzung zu den 36 Reifegrad-relevanten Items enthielt der Fragebogen weitere Items, anhand derer sich tiefergehende Erkenntnisse zur Digitalisierung von HR gewinnen lassen. Darüber hinaus wurde auch eine Reihe von Items zum Thema HR-Ansatz und -Anforderungen erhoben.
Die neun Treiber des digitalen Reifegrads: Neben Treiber-spezifischen Items umfasste der Fragebogen eine Reihe an weiteren Items zum Thema HR-Ansatz und -Anforderungen.
Hierzu zählt unter anderem, wie HR in den befragten Unternehmen wahrgenommen wird, wie die Digitalisierung die fachlichen Kompetenzanforderungen, die an Mitarbeiter, Führungskräfte und HR im Unternehmen gestellt werden, verändert oder auch wie die Personal- und Ressourcenausstattung von HR im Zuge der Digitalisierung in diesen Unternehmen zugenommen hat.
Im Vergleich zu unserer letzten Studie ist die Digitalisierung in HR nachweislich vorangeschritten. Einen Wermutstropfen gibt es indes: In der gewachsenen Gruppe der Unternehmen mit einem mittleren Reifegrad treibt HR die Digitalisierung bisher noch nicht zielstrebig genug voran. Aber das Potenzial, aktiver Gestalter der entsprechenden Prozesse und des Wandels insgesamt zu werden, ist hier gegeben.
Leon Jacob, Senior Manager hkp/// group