Scrum, Design Thinking, Hackathons – hinter diesen Schlagworten verbergen sich agile Arbeitsmethoden, die auch bei der Durchführung von HR-Projekten immer populärer werden. Welche Chancen und Herausforderungen bringen agile Arbeitsmethoden mit sich? Was ist bei ihrem Einsatz in HR-Projekten zu beachten? hkp.com im Gespräch mit Leon Jacob und Nils Meier.
 
Agile Arbeitsmethoden – was versteht man genau darunter?
Nils Meier: Agile Arbeitsmethoden sind eine Alternative zum klassischen linearen Vorgehen im Projektmanagement – auch bekannt als Wasserfallmodell. Bei agilen Methoden werden einzelne Projektschritte dagegen häufig schneller getaktet und iterativ umgesetzt.
Leon Jacob: In Projekten bieten agile Methoden dadurch in erster Linie mehr Flexibilität. Durch das schrittweise und oftmals ergebnisoffene Vorgehen kann auf neue Kundenanforderungen oder anderweitig veränderte Rahmenbedingungen schnell reagiert werden. Die Projektergebnisse sind damit zumeist stärker auf die tatsächlichen Kundenbedürfnisse abgestimmt.
 
Agile Methoden sind qua Definition agil. Aber ist das der einzige Vorteil?
Nils Meier: Nein, durch agile Methoden werden erste Lösungen häufig in einem viel kürzerem Zeitrahmen entwickelt. Schon nach einem ersten Sprint haben Projektteams in der Regel einen Prototypen für ein Minimum Viable Product – kurz: MVP. Statt sich viele Wochen und Monate mit einem umfangreichen Fachkonzept zu befassen, steht bei agil organisierten Projekten die Frage im Vordergrund wie das kleinstmögliche Produkt aussehen könnte, das für den Kunden einen Mehrwert bietet. Zudem ist die Herangehensweise offener für innovative Lösungen.
 
Das hört sich vielversprechend an. Hat das klassische Projektmanagement damit ausgedient?
Leon Jacob: Nein, das hat es nicht. Welche Methode eingesetzt wird, sollte immer abhängig von den Rahmenbedingungen des Projekts entschieden werden. Dabei gilt die Leitlinie: Je mehr sich die Anforderungen an die Lösung während eines Projekts verändern, desto wahrscheinlicher ist es, dass agile Methoden einen Mehrwert bieten.
Nils Meier: Gleichzeitig ist der Einsatz von agilen Arbeitsmethoden keine digitale Entscheidung: Klassisches Projektmanagement und agile Methoden lassen sich durchaus kombinieren. Nach zwei bis drei Sprints zum Auftakt können Projekte auch mit einem klassischen Projektmanagementansatz fortgesetzt werden.
 
Woher kommt der Trend, agil zu arbeiten?
Nils Meier: Die Ursprünge agiler Arbeitsmethoden liegen in der Softwareentwicklung und dem Lean Management. Hier hat man früh gemerkt, dass die Entwicklung neuer Lösungen mit klassischen Methoden mit der Halbwertzeit der Kundenanforderungen nicht mehr mithalten kann.
Leon Jacob: Diese Dynamisierung des Markt- und Wettbewerbsumfelds beobachten wir mittlerweile in fast allen Branchen. Unternehmen suchen nach Mitteln und Wegen, um schneller und innovativer zu arbeiten. Agile Arbeitsmethoden sind dabei der Überbegriff für verschiedene Rahmenwerke und Methoden, die für diesen Zweck zum Einsatz kommen.
 
Haben Sie eine Empfehlung, wo sich agile Methoden besonders gut einsetzen lassen?
Leon Jacob: Besonders vielversprechend sind agile Methoden bei Projekten, die einen größeren Veränderungsprozess beinhalten. Agile Ansätze profitieren von interdisziplinären Teams, können auch mit großen Gruppen und teilweise virtuell angewendet werden. Ideale Voraussetzungen, um ein Problem aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und von Anfang an mehrheitstaugliche Lösungen zu entwickeln da jeder eingeladen ist mitzuarbeiten.
 
Lassen sich diese Vorteile auch in HR-Projekten nutzen?
Nils Meier: Absolut. Auch Großunternehmen nutzen agile Methoden mittlerweile zum Beispiel, um ihr Performance Management oder andere HR-Prozesse zu überarbeiten. Im Rahmen eines Hackathons setzen sich Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens für 2 bis 3 Tage zusammen, um gemeinsam Ideen zu entwickeln und einen konkreten Prototypen zu erarbeiten. So entstehen in kurzer Zeit sehr konkrete Lösungen.
Leon Jacob: Auch Effizienzprogramme lassen sich durch agile Projektvorgehen realisieren. Ein Bereich eines deutschen Großunternehmens hat seine Mitarbeiter aufgefordert,  innovative Ideen zu entwickeln, um die Effizienz des Bereichs zu steigern. Auf gut Deutsch: Kosten senken bei gleichen Ergebnissen. Die dabei identifizierten Lösungen auf Ebene von Rollen und Prozessen waren viel grundlegender als der klassische Ansatz, den Rotstift anzusetzen und jede zweite Kaffeemaschine zu rationalisieren.
 
Das hört sich vielversprechend an. Kann das denn jedes Unternehmen einfach so umsetzen?
Nils Meier: Offenheit für Neues ist eine Grundvoraussetzung, um mit der agilen Herangehensweise effektiv arbeiten zu können. Agile Methoden haben oft spezifische Abläufe und Regeln, die akzeptiert und eingehalten werden müssen, damit die Methoden ihre volle Wirkung entfalten.
Leon Jacob: Auch muss das Unternehmen die Bereitschaft zeigen, sich auf ganz neue Ideen und Lösungsansätze einzulassen. Denn agile Ansätze führen häufig zu Lösungen, an die das Management zuvor nicht unbedingt gedacht hat.
 
Trends kommen und gehen. Sind agile Methoden auch lediglich eine Modeerscheinung?
Leon Jacob Sicherlich sind agile Arbeitsmethoden ein Trendthema. Auch lässt sich nicht bestreiten, dass sich die Organisationsforschung bereits seit Jahrzehnten damit beschäftigt, wie sich Organisationen flexibel auf veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Ein Beispiel dafür ist das Konzept der lernenden Organisation. Viele der Methoden, die aktuell im Aufwind sind und Organisationen helfen, kundenorientierte und innovative Lösungen zu finden, sind jedoch neu. Wir gehen davon aus, dass Scrum, Design Thinking, Hackathons und Co. so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden werden.

Herr Jacob und Herr Meier, herzlichen Dank für das Gespräch!
Autor Leon Jacob

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