Für das Thema Dienstwagen und Mobilität am Arbeitsplatz war das zurückliegende Jahr in verschiedener Hinsicht ein besonderes. Einerseits arbeiten Mitarbeitende zunehmend im Home Office und seltener aus dem Büro. Andererseits erleben wir eine dynamische Umstellung der Antriebstechnik. So wurden in 2021 mehr Elektro-Fahrzeuge zugelassen als je zuvor und erstmals auch mehr als Diesel-Fahrzeuge. Ein Gespräch zu den Auswirkungen dieser Entwicklungen mit den hkp/// group Experten Jonas Friedrich und David Voggeser.
Herr Friedrich, Herr Voggeser, wie wirken sich Elektromobilität und zunehmendes Arbeiten im Home Office auf die Dienstwagen-Regelungen von Unternehmen aus?
Jonas Friedrich: Da können wir Zahlen sprechen lassen. So hat eine aktuelle Umfrage im Rahmen der hkp/// group Top Management Surveys ergeben, dass ein Rekordwert von über 71% der Unternehmen aktuell ihre Dienstwagenrichtline überarbeiten werden und dabei die Förderung von Elektro- oder Hybrid-Dienstwagen als zentrales Motiv sehen. Lediglich ein Zehntel nannte als Beweggrund der Überarbeitung veränderte Mobilitätsbedürfnisse der Mitarbeitenden im Zuge verstärkter Arbeit aus den Home Office.
David Voggeser: Der aus unserer Sicht für Unternehmen schwerwiegendere Trend ist die sehr dynamisch zunehmende Verbreitung von Elektro-Fahrzeugen. Aus Arbeitnehmersicht ist das immer breiter werdende Angebot an Elektro-Fahrzeugen hoch attraktiv, ebenso deren steuerliche Begünstigung. Die steigende Nachfrage wiederum lässt Unternehmen entsprechende Angebote entwickeln und ausbauen. Aber sicherlich ist auch Nachhaltigkeit ein Treiber dafür - sowohl durch Arbeitnehmer, die nachhaltigere Mobilität wünschen, aber insbesondere durch Unternehmen, bei denen das Thema Nachhaltigkeit immer stärker in den strategischen Fokus rückt.
Überrascht es Sie, dass veränderte Mobilitätsbedürfnisse im Zuge verstärkter Arbeit aus dem Home Office eine untergeordnete Rolle spielen. Wie lässt sich das erklären?
David Voggeser: Ja und Nein. Ein Erklärungsansatz dafür könnte sein, dass bereits lange vor der Corona-Pandemie Dienstwagenregelungen hin zu erweiterten Mobilitätskonzepten entwickelt wurden, in denen Mobilitätsalternativen den Dienstwagen in der Regel ergänzt haben. Viele Unternehmen hatten also schon vor der Corona-Pandemie flexible Angebote im Bereich Mobilität geschaffen.
Jonas Friedrich: Dieses Bild zeigt sich auch an weiteren Zahlen der oben zitierten Umfrage. Demnach bieten ca. 90 % der Unternehmen grundsätzlich weiterhin Dienstwagen an. Etwas weniger als die Hälfte bieten alternativ Bahncards an, ca. 60 % Firmenfahrräder. Immerhin eines von vier Unternehmen gewährt ein frei verfügbares Mobilitätsbudget.
Wie gehen Unternehmen konkret vor, um elektrische Dienstwagen zu fördern?
Jonas Friedrich: Es werden zunehmend konkrete Instrumente in Dienstwagenrichtlinien verankert, die die Nutzung von elektrischen und/oder emissionsarmen Fahrzeugen fördern. Dazu zählen neben einem verstärkten Angebot von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen auch gezielte Regelungen mit Blick auf CO2-Emissionsobergrenzen. So sehen wir immer häufiger Bonus-Malus-Systeme, die Anreize schaffen, Dienstwagen mit geringem CO2-Ausstoß auszuwählen.
Wie gestalten sich diese Regelungen konkret?
Jonas Friedrich: Da gibt es eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten. Aber in der Regel gewähren Unternehmen Leasingraten, die einen niedrigeren CO2-Ausstoß belohnen. Setzen Mitarbeitende auf ein Elektro-Fahrzeug, wird die maximal mögliche monatliche Leasingrate gewährt.
Was sind weiterführende Möglichkeiten zur Förderung von Elektro-Fahrzeugen?
David Voggeser: Weitere und durchaus verbreitete Beispiele für Fördermaßnahmen sind unter anderem die Möglichkeit des kostenlosen Ladens am Arbeitsplatz oder die finanzielle Unterstützung bei Erwerb und Installation von Wallboxen am Wohnort. Letzteres ist aber im Gesamtkontext zu sehen. Eine Herausforderung ist hier häufig die Frage, ob eine Installation überhaupt möglich ist, zum Beispiel im Fall, dass lokale Stromnetze keine Installation weiterer oder nur leistungsschwächerer Wallboxen zulassen. Auch Eigentumsverhältnisse sind immer wieder ein Thema.
In diesem Fällen kann eine Förderung schnell kontraproduktiv sein, weil sie verärgert… Welche anderen oder grundsätzlich neuen Themen ergeben sich aus der Nutzung von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen als Dienstwagen?
Jonas Friedrich: Die meisten Fragestellungen beziehen sich auf die Absicherung des Ladevorgangs wie auch die Simulation von Kosten. Auch die optimale Nutzung staatlicher Fördermittel ist ein Bestandteil in vielen Projekten.
Was sind da konkrete Fragen?
Jonas Friedrich: Zum Beispiel geht es sehr oft darum, sicherzustellen, dass Hybrid-Fahrzeuge auch überwiegend elektrisch betrieben werden oder welches Fahrerprofil sich überhaupt für den nachhaltigen Einsatz als elektrischer Dienstwagen eignet.
David Voggeser: Es gibt auch zentrale Fragen im Rahmen der Arbeitsfähigkeit: Wie ist sichergestellt, dass Mitarbeitende morgens mit einem geladenen Dienstwagen zur Arbeit fahren können und abends den Heimweg antreten können? Oder schlicht die Frage, wo können Mitarbeitende überhaupt laden?
Wie gehen Unternehmen diese Themen an?
Jonas Friedrich: In Summe haben wir mit unseren Kunden effektive Ansätze entwickelt, um diese Herausforderungen technisch, prozessual und steuerlich abgesichert zu lösen. Dazu zählen neben Fahrerprofilanalysen oder Überprüfungsmaßnahmen zur Ladeinfrastruktur auch Simulationstools für die flexible Gestaltung von entsprechenden Instrumenten oder Kostenprognosen.
Es sind also Fragestellungen zu klären, die weit über die Auswahlmöglichkeit eines Elektro- oder Hybrid-Fahrzeugs hinausgehen. Worauf sollten Unternehmen besonders achten, um Dienstwagen nachhaltig einzusetzen?
David Voggeser: In unseren diversen aktuellen Projekten zu diesem Thema hat sich immer wieder gezeigt, dass es sinnvoll ist, noch vor der Diskussion von Details generell zu klären, welche Ziele mit einer Überarbeitung der Dienstwagenrichtlinie oder mit einer Entwicklung eines Mobilitätskonzepts erreicht werden sollen. Dieses Vorgehen vermeidet Sackgassen und schont Ressourcen.
Herr Friedrich, Herr Voggeser, vielen Dank für das Gespräch!