Die automobile Faszination ist insbesondere in Deutschland groß. Was allgemein für das Auto gilt, trifft im Speziellen auch auf den Dienstwagen zu. Aber ist dem noch so? Zu den aktuellen Veränderungen in den Dienstwagenregelungen von Unternehmen in Deutschland sprach hkp.com mit den hkp/// group Experten Carsten Schlichting und David Voggeser.
Wie kaum eine andere Nebenleistung ist der Dienstwagen Wunsch und Ziel vieler Mitarbeiter. Was sind die Gründe für die nach wie vor hohe Attraktivität von Dienstwagen?
David Voggeser: Die Gründe sind vielfältiger Natur. Sie reichen vom finanziellen Aspekt, weil sich bessere Konditionen und Steuervorteile erzielen lassen, über die funktionale Unterstützung in der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit bis hin zum sozialen Aspekt. Ein Firmenwagen ist nach außen immer noch ein Symbol von Hierarchie und Erfolg.
Sie unterscheiden zwischen Funktions- und Statuswagen…
David Voggeser: Ein Service-Techniker oder Vertriebsmitarbeiter braucht einen seinem Produkt und Gebiet angemessenen Wagen, um die gewünschten Kundenkreise bedienen zu können. Da ist dann der Kombi oder das Kastenfahrzeug in der Regel deutlich besser geeignet als ein Coupé.
Carsten Schlichting: Aber selbst Statusfahrzeuge – die in kleinen Firmen meistens ab der fünften, bei mittleren bis großen Firmen ab der vierten Berichtsebene unterhalb des Vorstands gewährt werden – haben auch eine funktionale Komponente. Denn Unternehmen wollen ihre Führungskräfte mobil halten und auch hier gilt, dass bestimmte Führungsjobs nicht oder nur sehr schwer ohne eigenen Wagen zu bewältigen sind. Auf den Top-Positionen ist dann auch der Fahrer mit eingeschlossen …
…was wiederum eine Sicherheitskomponente ist.
Carsten Schlichting: ... sowohl mit Blick auf das Fahrerische, aber bei einigen Vorstandsmitgliedern fungieren die persönlichen Fahrer parallel auch als Personenschutz.
Also alles noch beim Alten, keine Veränderungen?
Carsten Schlichting: Oh doch! Die Dienstwagenregelungen in Unternehmen unterliegen derzeit überaus dynamischen Veränderungen. Wir sehen, dass Unternehmen immer stärker auf Effizienz im Management ihrer Dienstwagen-Programme setzen, gleichzeitig aber auch Themen wie CO2-Ausstoß oder die Berücksichtigen von alternativen Mobilkonzepten integrieren.
Wie verbreitet und konkret sind denn die Vorgaben zu CO2-Emissionsgrenzen in den Dienstwagenregelungen?
David Voggeser: Rund die Hälfte der DAX- und MDAX-Unternehmen hat eine CO2-Grenze in ihren Dienstwagenregelungen festgehalten. Diese Grenzwerte werden zunehmend mit Blick auf umweltbewusstes Fahren eingeführt, das wiederum häufig als Beitrag zu einer Corporate Social Responsibility-Strategie fungiert. In diesem Kontext wird oft die Wahl eines effizienteren Modells gefördert, das einen geringeren CO2-Wert und Verbrauch aufweist und auch günstiger in Anschaffung und Unterhalt ist. Die Förderung erfolgt über Zuschüsse des Unternehmens oder anderweitige Vergünstigungen wie z. B. ein zusätzliches Elektrofahrrad.
Carsten Schlichting: Und wie bei den Kraftfahrzeuggrößen bzw. -marken selbst hängen die Emissionsgrenzen von der Berichtsebene ab. Auf der ersten Berichtsebene unterhalb des Vorstands beträgt die Grenze in etwa 170 g/km, auf der zweiten Berichtsebene sind es bereits rund 150 g/km, wobei die aktuellen Werte sicherlich nur den Beginn eines Prozesses der verstetigten Reduzierung darstellen.
Inwieweit schlägt sich Elektromobilität bereits in Dienstwagenregelungen nieder?
David Voggeser: Das Thema Elektro-Mobilität nimmt bereits Einfluss auf die Welt der Dienstwagen und wird dies je rascher und intensiver tun, je schneller die entsprechenden Anschaffungspreise sinken und gleichzeitig die Reichweitenleistung und -sicherheit steigt.
Gerade das Thema der Energiespeicherung und des Speicheraustauschs ist ein Hemmschuh…
Carsten Schlichting: Ja, aber sofern sich Flotten-Dienstleister über Kooperationen bei der Stromspeicherung bzw. bei Batterien in größerem Stil engagieren und Mitarbeiter somit Autobatterien quasi wie Laptop-Akkus im Unternehmen laden oder tauschen, können auch kurzfristig E-Mobile in größerem Maßstab als Dienstwagen genutzt werden. Dienstwagen könnten somit zum Motor der Elektro-Mobilität in Deutschland werden.
David Voggeser: In diesem Zusammenhang kommen aber gänzlich neue Herausforderungen auf Fuhrparkmanager zu. Während bei klassischen fossilen Antrieben die Kosten für Betriebsstoffe klar für die Nutzung des Autos abzugrenzen waren, ist fraglich, wie und ob die Kosten für den Stromverbrauch der Elektroautos zukünftig abgerechnet und geregelt werden. Aber auch hier werden sich in Kürze entsprechende Konzepte etablieren.
Sie hatten eingangs von alternativen Logistikkonzepten mit Blick auf Dienstwagen gesprochen. Was sind hier die Trends?
Carsten Schlichting: Nun, es muss nicht mehr jeder einen Dienstwagen für sich allein besitzen. Unternehmen setzen insbesondere für mittlere Führungsebenen und für Geschäftsreisen auf Dienstwagen-Pools. In diesen werden verschiedene Fahrzeuge vorgehalten, auf die Mitarbeiter zurückgreifen können. Dadurch wird das einzelne Auto intensiver genutzt. Jedoch stoßen solche Lösungen bei einer Kombination mit Privatnutzung an ihre Grenzen.
Und dies ist bei höheren Ebenen so gut wie immer der Fall…
Carsten Schlichting: Als neuste Entwicklung setzten deswegen erste Firmen auf Car-Sharing. Dabei kann der Mitarbeiter eine über den Stadtbereich verteilte Autoflotte eines externen Car-Sharing Anbieters zugreifen. Abgerechnet wird dann meist nur die tatsächliche Nutzung, nach Kilometern oder Dauer der Nutzung, die dann durch den Arbeitgeber übernommen wird. Hierbei reduzieren sich die oft hohen Fixkosten. Diese Lösung ist jedoch fast ausschließlich für Mitarbeiter in großen urbanen Gegenden zugänglich und sinnvoll.
Werden wir denn Veränderungen bei den Typen sehen, die als Dienstwagen genutzt werden? Unternehmen sind hier in der Vergangenheit oft sehr bestimmt vorgegangen.
David Voggeser: Unternehmen definieren in der Regel für Karrierestufen bestimmte Referenzmodelle, aus deren Kreis Mitarbeiter wählen können. So sind ein BMW 5, Mercedes E oder Audi A6 typische Referenzmodelle für die erste Führungsebene unterhalb des Vorstands. Für die Ebene darunter sind es dann BMW 3, Mercedes C oder Audi A4.
Carsten Schlichting: Grundsätzlich gilt auch weiterhin: Ein Dienstwagen muss für die berufliche Nutzung geeignet sind, insbesondere die Mitnahme von Kunden oder Geschäftspartner angemessen abbilden können. Neben der Praktikabilität spielen oft Image und Ausstrahlung des Modells eine Rolle.
Also nach wie vor kein Beach-Buggy als Dienstwagen?
Carsten Schlichting: Über sogenannte Negativabgrenzung werden oft explizit bestimmte Fahrzeugtypen von der Nutzung als Dienstwagen ausgeschlossen. Typischerweise sind dies insbesondere Sportwagen, Cabrios, Sport-Coupes oder Camping-Mobile.
David Voggeser: Aber das Bild hat sich schon gewandelt: War bis kürzlich der Rückgriff auf SUVs nicht zuletzt wegen überhöhter Verbrauchswerte ausgeschlossen, werden diese inzwischen als Dienstwagen akzeptiert.
Herr Schlichting, Herr Voggeser, vielen Dank für das Gespräch
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