In Zusammenarbeit mit ECBE (European Center for Board Effectiveness) und der hkp///group, Teil von Mercer wurden die Qualifikationsmatrizen aus den Geschäftsberichten 2023 aller in den Börsenindizes DAX, MDAX und SDAX gelisteten Unternehmen nun zum zweiten Mal analysiert.

Die Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) von 2022 legt neue Anforderungen für die Kompetenzstruktur und Transparenz des Aufsichtsrats fest. Gemäß der Empfehlung C.1 sollen Aufsichtsräte klare Ziele für ihre Zusammensetzung formulieren und ein umfassendes Kompetenzprofil entwickeln. Der Umsetzungsstand dieses Profils muss in der Erklärung zur Unternehmensführung in Form einer Qualifikationsmatrix veröffentlicht werden, um die fachliche Eignung des Aufsichtsrats für Aktionäre und Stakeholder nachvollziehbar darzustellen.

Die ECBE Governance Perspectives 2024 analysieren im zweiten Jahr in Folge die Qualifikationsmatrizen aus den Geschäftsberichten 2023 der in den Börsenindizes DAX, MDAX und SDAX gelisteten Unternehmen. Ziel der Analyse ist es, die Entwicklung und Veränderungen gegenüber den ersten Veröffentlichungen des Vorjahres zu bewerten. Dabei wurden neben Format, Umfang und Inhalten der Matrizen auch die Kompetenzen der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder untersucht. Diese Kompetenzen wurden sowohl auf Unternehmens- als auch auf Personenebene systematisch erfasst und ausgewertet.

Wichtige Ergebnisse der Analyse:

  1. Einführung der Qualifikationsmatrizen: Die Matrizen sind ein etabliertes Instrument, um die wesentlichen Kompetenzdimensionen des Aufsichtsrats transparent darzustellen und zu zeigen, inwieweit sie abgedeckt sind.
  2. Heterogenität der Matrizen: Nach der ersten Einführung haben sich nur wenige signifikante Anpassungen ergeben. Die Qualifikationsmatrizen bleiben inhaltlich und formal sehr unterschiedlich, was besonders von institutionellen Investoren als Verbesserungsbedarf angemerkt wurde. Die hohe Vielfalt weist darauf hin, dass ein einheitlicher Standard bisher nicht erreicht wurde.
  3. Positive Veränderungen in Einzelfällen: Einige Unternehmen haben ihre Matrizen in Bezug auf Inhalt und Darstellung deutlich verbessert. Dies zeigt, dass positive Anpassungen möglich und teilweise umgesetzt sind.
  4. Erweiterung der Informationen: Es wurden vermehrt allgemeine Angaben neben den fachlichen Kompetenzen in die Matrizen aufgenommen, beispielsweise demografische Daten, die Dauer der Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat und Soft Skills.
  5. Kompetenzniveau des Aufsichtsrats: Insgesamt ist ein hohes Kompetenzniveau der Aufsichtsratsmitglieder feststellbar, das sich in vielen Fällen im Vergleich zum Vorjahr noch verbessert hat.
  6. Unterschiedliche Ausrichtung der Kompetenzen: Bei den angegebenen Kompetenzen zeigt sich häufig eine unterschiedliche Gewichtung zwischen Transformationsthemen und Kontrollthemen, abhängig von den jeweiligen strategischen Anforderungen der Unternehmen.
  7. Geschlechterunterschiede in den Kompetenzangaben: In den Matrizen werden häufig höhere Kompetenzniveaus bei männlichen Aufsichtsratsmitgliedern ausgewiesen. Frauen geben hingegen mehr Kompetenzen in zukunftsorientierten Bereichen an, was möglicherweise auf eine unterschiedliche Priorisierung der Kompetenzen hinweist.

Empfehlungen zur Fortentwicklung der Qualifikationsmatrizen:

  1. Transparenz der Methodik: Unternehmen sollten in den Matrizen angeben, ob es sich um eine Selbsteinschätzung der Kompetenzen handelt oder ob weitere objektive Faktoren berücksichtigt wurden. Dies würde die Nachvollziehbarkeit der Angaben für Stakeholder verbessern.
  2. Objektive Einschätzung statt Selbsteinschätzung: Um die Qualität der Selbsteinschätzungen zu erhöhen, sollte eine objektive Analyse durchgeführt werden. Ein „Tick-the-box“-Ansatz sollte vermieden werden; stattdessen ist eine realistische Einschätzung nötig, die auch einer externen Überprüfung standhält (z. B. durch CV-Angaben oder den Kapitalmarkt).
  3. Detaillierte Kompetenzstufen: Die Angabe verschiedener Kompetenzlevel (z. B. Grundkenntnisse, gute Kenntnisse, Expertenkenntnisse) kann helfen, Kompetenzen genauer und realistischer darzustellen und objektiv einzuordnen.
  4. Integrierte Betrachtung von Qualifikationsmatrix und Kompetenzprofil: Die Qualifikationsmatrix sollte nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr sollte sie den aktuellen Stand des Kompetenzprofils sowie die Zielsetzungen der Kompetenzen widerspiegeln.
  5. Interne Nutzung der Matrix zur Kompetenzentwicklung: Die Matrix sollte als Instrument zur internen Diskussion und zur kontinuierlichen Kompetenzentwicklung des Aufsichtsrats dienen, um eine gezielte Weiterentwicklung zu fördern.
  6. Branchenspezifische Anpassungen: Eine universelle Lösung für alle Unternehmen ist nicht zielführend. Stattdessen sollten branchenspezifische Angaben in die Matrizen einfließen, um deren Relevanz und Aussagekraft zu erhöhen.
  7. Vergleichsanalysen zur Verbesserung der Vergleichbarkeit: Unternehmen könnten Branchenbenchmarks oder Vergleichsanalysen heranziehen, um die Matrizen für unterschiedliche Stakeholder besser vergleichbar und nachvollziehbarer zu gestalten.

Die ECBE Governance Perspectives 2024 geben damit wertvolle Einblicke in den Entwicklungsstand und die Optimierungspotenziale der Qualifikationsmatrizen für Aufsichtsräte und bieten praxisorientierte Empfehlungen zur Fortentwicklung dieses Transparenzinstruments.

Download der Studie:

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Author Dr. Lukas Berger

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