Sasa Basta ist seit November 2023 Senior Director bei der hkp///group. Vor seinem Wechsel hatte er diverse Fach- und Führungsfunktionen in Unternehmen inne. Zuletzt verantwortete er als Chief People & IT Officer die strategischen und operativen Personal- sowie IT-Fragen eines weltweit tätigen Chemieproduzenten. Ein Gespräch zu Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis sowie Trends im aktuellen HR-Management.
Herr Basta, Sie hatten auf Geschäftsleitungsebene eines Industrieunternehmen lange HR- und IT-Themen verantwortet. Wie hilfreich haben Sie die Bündelung dieser Aufgabenfelder erlebt?
Sasa Basta: Insbesondere aus HR-Perspektive war das eine glückliche Kombination, hat doch die IT-Funktion selten eine optimale Abbildung der Anforderungen von HR im Blick. Aber auch der breitere Blick in den Markt zeigt, dass sich derartige Verknüpfungen immer öfter ergeben bzw. ein Verständnis für Veränderungen in diese Richtung spürbar ist. So sind zum Beispiel mittlerweile die Einführung und Optimierung von HR-Management-Systemen wie auch die Schaffung der entsprechenden technischen Basis fester Bestandteil der Pflichtenhefte von HR- wie auch Geschäftsleitungen.
Was waren die Hauptthemen, die Sie in ihrer letzten Rolle umgesetzt haben?
Sasa Basta: Neben den wichtigen Basisthemen wie der Optimierung der Payroll und einer zuverlässigen Erbringung von HR Services, wurden auch weitere Themen des Employee Life Cycles auf Aktualität überprüft. Das Unternehmen hatte in den letzten 15 Jahren verschiedene Eigentümer. Da auch das Thema Kostendruck eine Rolle spielt, war sicherzustellen, dass Mitarbeitende fair vergütet werden und es durch die organisatorischen Veränderungen nicht zu Über- oder Unterbezahlung kam. Dazu wurde im ersten Schritt das Grading auf den Prüfstand gestellt, einschließlich der Definition von Ankerfunktionen und deren Neubewertung. Anschließend wurde andere Stellen in Relation gesetzt und so das organisatorische Gesamtgefüge kalibriert. Konsequenterweise wurden auch Grund- und variable Vergütung überprüft.
Zu welchem Ergebnis sind Sie in der Grading-Analyse gekommen?
Sasa Basta: Die Grundstrukturen haben grundsätzlich gepasst. Es gab jedoch einige Stellen, die nach der Neubewertung einen niedrigeren Grade aufwiesen, umgekehrte Sachverhalte waren deutlich seltener. Insgesamt wurde aber eine Überbezahlung in der Dimension eines sechsstelligen Betrags pro Jahr identifiziert.
… ein substanzieller Wert!
Sasa Basta: In der Tat! Und um solche Fälle für die Zukunft zu vermeiden, wurde festgelegt, dass bei jeder organisatorischen Veränderung das Grading für die betroffenen Funktionen überprüft und nicht einfach in Besitzstandswahrung überführt wird.
Vermutlich fielen speziell die variablen Vergütungselemente aus dem Rahmen?
Sasa Basta: Das war eine Vermutung. In der Analyse zeigte sich, dass die Zielwerte der variablen Vergütung leicht entkoppelt von den Unternehmenszielen waren. Stellenweise arbeiteten sogar KPIs aus der einen Abteilung gegen jene aus einer anderen, so dass eine grundsätzliche Überarbeitung und eine Kalibrierung der KPI unumgänglich war. Am Ende erwies sich das insbesondere für die Vertriebsvergütung als zielführend.
Warum gerade die Vertriebsvergütung?
Sasa Basta: Hier stießen zwei Welten aufeinander: Es gab einen historisch gewachsenen, großen individuellen Anteil in der Zielsetzung für die variable Vergütung. Die Geschäftsleitung hatte jedoch mittlerweile eine stärkere Team-Orientierung vereinbart. Beides passte schlicht zusammen. In der Folge wurde der individuelle Anteil auf Null reduziert, die relevanten KPI wurden zudem stärker auf Unternehmensergebnisse ausgerichtet, statt regionale und individuelle Ergebnisse stark zu gewichten.
Das war sicherlich nicht friktionsfrei zu vermitteln. Wie sind Sie vorgegangen?
Sasa Basta: Es erforderte sehr viel Kommunikation mit den verschiedenen Interessengruppen und ja, es gab auch Momente der Frustration. Im stetigen Dialog konnten diese aber meist doch in positive Energie umgewandelt werden.
Wie wurde das Problem der Differenzierung auf individueller Ebene gelöst?
Sasa Basta: In der Tat, ohne Differenzierung funktioniert Wirtschaft nicht. Top-Talente und High-Performer erbringen ein Mehr an Leistung und Ergebnis, das auch speziell zu honorieren ist. Hier hatte sich aber eine interessante Gruppendynamik ergeben. High-Performer haben Low-Performer zum Teil sogar gepusht. Auch haben wir die Verbindung von Performance Management und jährlichem Gehaltsanpassungsprozess geschaffen. High-Performer haben ein deutliches Plus im Grundgehalt bekommen, welches sich wiederum positiv auf die variable Vergütung als Prozentsatz vom Grundgehalt auswirkte.
Standen im Rahmen der beschriebenen Transformation ausschließlich Vergütungsthemen im Fokus?
Sasa Basta: Nein, ein wesentlicher Bestandteil war auch die Überprüfung der Nebenleistungen. Diese werden häufig gerne übersehen – ein tückischer Fehler, denn Benefits und Nebenleistungen erweisen sich nicht selten als versteckter Kostentreiber…
… sind aber wichtig für die Bindung von Mitarbeitenden.
Sasa Basta: Sehr sogar. Auch wir hatten einige Nebenleistungen im Bestand, die relativ teuer, den Mitarbeitern aber gar nicht bekannt waren. Im Rahmen einer Portfolio-Analyse wurde dann ermittelt, welche Nebenleistungen vorhanden waren, als attraktiv empfunden wurden und was sie tatsächlich kosten. Entsprechend optimiert gestaltet sich heute das neue Benefits-Set.
Schauen wir in die Zukunft. Welche Trends im HR Management sehen Sie?
Sasa Basta: Ganz klar die Anwendung moderner Technologien einschließlich Künstlicher Intelligenz, auch und gerade im HR-Management. Da gibt es schon weitaus mehr als die gern zitierten Chatbots im Recruiting. Ich denke da zum Beispiel an den automatisierten Abgleich von Qualifikationsbedarfen und Stellenprofilen, wie sie gerade Unternehmen in der Transformation brauchen.
KI ist aber auch ein gern an die Wand gemaltes Schreckgespenst.
Sasa Basta: Bei aller Begeisterung rate ich auch nicht zum ungeprüften Rückgriff auf KI und moderne Technologien. Anwender sollten sich bei Erwerb und Implementierung immer klar über die Ziele sein und die Datenbasis kennen wie auch die Arbeit des Algorithmus bewerten können, um Fehler und Diskriminierung auszuschließen. Eine Orientierungshilfe bietet dabei zum Beispiel der Ethik Check KI, ein frei verfügbares, kostenloses Tool, das sich auf die Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech für den verantwortungsvollen Einsatz von KI und modernen Technologien in der Arbeitswelt stützt.
Aber ethische Fragestellungen sind bislang weniger als Hemmnis in der Nutzung bekannt?
Sasa Basta: Das wird sich ändern. Entscheider sind zunehmen sensibilisiert. Vielfach wird gern auch die Mitbestimmung als Haupthindernis in der Nutzung von KI nach vorn geschoben. Als eigentlich Bremse der effektiven Nutzung moderner Technologien sehe ich aber tatsächlich darin, dass Unternehmen ihre Datenbestände bzw. auch -lücken nicht kennen und so weder Quantität noch Qualität zuverlässig bewerten können. Es ist schlicht kontraproduktiv, wenn nicht sogar hoch gefährlich, einfach eine Datenbasis in die öffentliche Cloud zu verlagern, und zu hoffen, das damit alles besser wird. Das Gegenteil wird eintreten!
Aber KI kann vielfältigste Quellen und Unmengen an Daten zusammenbringen und auswerten?
Sasa Basta: Aber nur wenn Quell-Systeme nicht proprietär und Datenbestände sauber und vergleichbar angelegt sind. Und es gilt immer: garbage in, garbage out – so ist die Realität. Und das auch mit Blick auf diskriminierungsfreie Prozesse und Ergebnisse. Mehr denn je ist Sorgfalt und Verstand gefragt. Es wäre sträflich, sich allein auf das Ergebnis eines Algorithmus zu verlassen, ohne Kenntnis der Quelldaten und Rechenprämissen zu kennen. Dass der Einsatz auf Basis von rechtlichen Anforderungen sowie Datenschutz erfolgt, versteht sich von selbst.
Vielen Dank für das Gespräch!