- Die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden der Top-Firmen in Österreich sind im Geschäftsjahr 2014 durchschnittlich um rund 4,7% gestiegen
- Rückläufige erfolgsabhängige Vergütung wird durch einen Anstieg der Fixvergütung von durchschnittlich 14% mehr als kompensiert
- Vergütungsanstieg steht im Kontrast zu einem gleichzeitigen durchschnittlichen Gewinneinbruch von rund 42%
- hkp/// Analyse „Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung ATX 2014“
Frankfurt am Main, 21. April 2015. Laut einer aktuellen Analyse der Unternehmensberatung hkp/// group sind die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden der größten börsennotierten Unternehmen Österreichs im Geschäftsjahr 2014 durchschnittlich um rund 4,7% auf 1,6 Mio. Euro gestiegen. Die Festvergütungen stiegen sogar um durchschnittlich 14%. Diese Entwicklung bei der Vorstandsvergütung steht im Kontrast zu den Entwicklungen bei den Unternehmensergebnissen. So verzeichnen die ATX-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2014 einen durchschnittlichen Rückgang des Net Income (Gewinn) in Höhe von knapp -42%. Bereits für das Geschäftsjahr 2013 war ein Gewinnrückgang von -18,7% zu verzeichnen, allerdings bei gleichzeitig um 1,9% gesunkenen Vergütungen der ATX-Vorstandsvorsitzenden.
Insgesamt sechs Vorstandsvorsitzende von ATX-Unternehmen verzeichnen für das Geschäftsjahr 2014 eine Direktvergütung von jeweils über zwei Millionen Euro. Die Spanne zwischen den ganzjährig im Amt befindlichen Unternehmenslenkern mit den höchsten und geringsten Vergütungen im ATX ist kleiner geworden. Sie beträgt aktuell das Vierfache (2013: Faktor 6). So bildet der Vorstandsvorsitzende von OMV mit 2,70 Mio. Euro Direktvergütung die aktuelle Vergütungsspitze, gefolgt von den Vorstandsvorsitzenden von Andritz (2,65 Mio. Euro) und Voestalpine (2,46 Mio. Euro). Am unteren Ende der Vergütungsrangreihe findet sich die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden von CA Immo (700.000 Euro).
„Wir sehen im Geschäftsjahr 2014 eine heterogene Entwicklung bei den ATX-Unternehmen“, erklärt Studienautor und hkp/// Senior Manager Dr. Björn Hinderlich. „Fakt ist aber: Die Vergütungsschere öffnet sich in doppelter Hinsicht: Einerseits ist das Pay for Performance Prinzip ganz offensichtlich noch nicht konsequent in den Vergütungssystemen von ATX-Vorständen verankert. Andererseits entkoppelt sich die Vergütungsentwicklung der Vorstände von der der anderen Mitarbeiter im Unternehmen“.
hkp/// managing Partner, Michael H. Kramarschzeigt sich ebenfalls überrascht von der Breite, in der das Erfolgsprinzip noch nicht in der Vergütungslogik etabliert ist: „Wer in guten Jahren zurecht erfolgsbedingt höhere Vergütungen für sich reklamiert, der muss auch in schlechten Jahren damit leben, dass Vergütungen sinken. Wenn aber genau dann breitflächig Erhöhungen der Grundvergütung von Vorständen vorgenommen werden, ist das Aktionären und Öffentlichkeit zurecht nicht mehr vermittelbar!“
Wie schon in 2013 weisen im Geschäftsjahr 2014 alle ATX-Unternehmen die Vorstandsvergütung individuell aus. Allerdings legt bislang nur knapp die Hälfte die variable Vergütung der Vorstände getrennt nach einjährigen und mehrjährigen Elementen offen und dann auch sehr verschieden. Vielfach werden unterschiedliche Zeiträume für die variable Vergütung ausgewiesen. Die Altersversorgung sowie Nebenleistungen– als in der Regel sehr werthaltige Vergütungsbestandteile eines Vorstandsmitglieds - werden nicht oder nur unvollständig transparent gemacht.
Der Anteil der variablen Vergütung eines ATX-Vorstandsvorsitzenden beläuft sich aktuell auf rund 51% der Direktvergütung. Im Geschäftsjahr 2014 ist dabei jedoch der Anteil der langfristig orientierten, mehrjährigen Vergütung von 51% auf 41% gefallen, so dass der Fokus der variablen Vergütung nunmehr deutlich auf dem Jahresbonus liegt.
Mit dem getrennten Ausweis von einjähriger und mehrjähriger variabler Vergütung gehen einige ATX-Unternehmen zwar über die Forderungen des österreichischen Corporate Governance Kodex hinaus, der lediglich eine Darstellung der fixen sowie gesamthaft der variablen Bezüge fordert. Aber dennoch liegen die ATX-Unternehmen mit ihrer Praxis des Vergütungsausweises laut hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch weit hinter internationalen Standards zurück. „Wenn werthaltige Vergütungsbestandteile wie Altersversorgung und Nebenleistungen gar nicht oder nur unzureichend ausgewiesen werden, wenn externe Beobachter keine Chance haben zu erkennen, ob eine variable Vergütung ein- oder mehrjährig ist und auch noch unklar ist, für welche Zeiträume eine variable Vergütung ausgewiesen wird, dann kann das Fazit nur lauten: die österreichischen Regelungen stecken in der Transparenz-Steinzeit!“
Laut hkp/// Studie erweist sich lediglich OMV als Musterschüler des Vergütungsausweises im ATX. Das Unternehmen verfügt über einen Vergütungsbericht, der den Anforderungen internationaler Investoren genügt.
hkp/// Vergütungsexperte Michael H. Kramarsch sieht die Aufsichtsräte gefordert: „Als Vertreter der Eigentümer müssen Aufsichtsräte ihrer Pflicht und Verantwortung mit Blick auf die Vorstandsvergütung gerecht werden. Es braucht Vergütungssysteme, die mit dem Unternehmenserfolg atmen und es braucht eine sinnvolle Vergütungstransparenz, die die benötigten Informationen übersichtlich, verständlich und vergleichbar bereithält. Dafür müssen sich Aufsichtsräte stark machen – auch gegen interne Widerstände!“
Und hkp/// Senior Manager Dr. Björn Hinderlich plädiert dafür, die Unternehmen im Streben nach mehr Vergütungstransparenz nicht allein zu lassen, sondern sieht den Österreichischen Corporate Governance Kodex in der Pflicht. „Vergütungstransparenz braucht klare Standards. Diese müssen nicht vom Gesetzgeber kommen, sondern sollten eher Gegenstand eines modernisierten Österreichischen Corporate Governance Kodex sein. Es fehlt grundsätzlich an allen Ecken und Enden – das schlägt auf die Unternehmen zurück, spätestens wenn die europäische Aktionärsrechterichtlinie mit verpflichtendem Hauptversammlungsvotum (Say-on-Pay) kommt“.
In der wirksamen Umsetzung praxistauglicher Ansätze im Vergütungsausweis verweisen die Studienautoren auf Deutschland: „Der Deutsche Corporate Governance hat über Mustertabellen den Ausweis der Vorstandsvergütung neu strukturiert: Auf individueller Ebene ist jetzt hier die tatsächlich in einem Geschäftsjahr zugeflossene Vergütung sowie zu erreichende Maximal- und Minimalwerte in der Vergütung anzugeben – und das für alle Vergütungselemente“, lobt hkp/// Vergütungsexperte Dr. Björn Hinderlich.