Wenn es um Vergütungsfragen in börsennotierten Unternehmen geht, stehen neben den Vorstandsvorsitzenden insbesondere die Finanzvorstände im Blickpunkt der öffentlichen Diskussion. Die hkp/// group Expertinnen Nina Grochowitzki, Dr. Pia Lünstroth und Regine Siepmann im Gespräch mit hkp.com zu den wesentlichen Entwicklungen in der Vergütung von Finanzvorständen in den DAX- und MDAX-Unternehmen.
 
Frau Siepmann, Frau Grochowitzki, Frau Dr. Lünstroth, was sind aus Ihrer Sicht die grundlegenden Entwicklungen bei der Vergütung von CFOs in den führenden börsennotierten Unternehmen in Deutschland?
Regine Siepmann: Wir erkennen bei den Finanzvorständen eine deutliche Steigerung der durchschnittlichen absoluten Vergütungshöhen. Im Vergleich zu den Vorstandsvorsitzenden fallen diese Steigerungen sogar überraschend hoch aus.
Dr. Pia Lünstroth: Im Unterschied zu den DAX-Unternehmen können wir aber aufgrund der Opt-out Entscheidungen zum individuellen Ausweis bei 8 MDAX-Unternehmen keine personenbezogenen Vergütungsdaten auswerten.
 
Die Transparenz ist also nicht vollständig…
Dr. Pia Lünstroth: Zumindest im MDAX gibt es bei der Vergütungstransparenz noch Nachholbedarf. Auch wenn das Opt-out rechtlich zulässig ist, halten wir eine solche Praxis für nicht mehr zeitgemäß. Wer am Kapitalmarkt agiert, sollte sich auch den dortigen Rahmenbedingungen unterwerfen – ohne Wenn und Aber. Gleiche Bedingungen für alle!
 
Wie haben sich die Vergütungszahlen bei den CFOs konkret entwickelt?
Nina Grochowitzki: Die durchschnittliche Gesamtvergütung eines DAX-CFO für 2015 beträgt rund 3,6 Mio. Euro. Das entspricht einem Anstieg von rund 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In MDAX-Unternehmen ist die durchschnittliche CFO-Vergütung um 29 Prozent auf 1,7 Mio. Euro gestiegen.
Dr. Pia Lünstroth: Das sind deutliche Zuwächse. Vorstandsvorsitzende im DAX schauen dagegen mit einer Steigerung von rund einem Prozent auf eine weitgehend stabile Vergütungsentwicklung zurück, im MDAX sind die CEO Vergütungen um rund 3 % Prozent gestiegen.
 
Wie erklären Sie die deutlich höheren Steigerungen bei den CFOs im Vergleich zu den Vorstandsvorsitzenden? 
Nina Grochowitzki: Der Vergütungszuwachs generell geht wie für alle anderen Vorstände auf die überwiegend positive Geschäftsentwicklung zurück. Dass er gegenüber den Vorstandsvorsitzenden zum Teil sehr deutlich ausfällt, ist vor allem auf Personenebene zu erklären. Ebenfalls zu berücksichtigen sind - insbesondere im MDAX - die Wechsel in der Index-Zusammensetzung.
 
Sie würden daraus also aus den Zahlen keine gestiegene Wertschätzung der CFO-Position im Unternehmen interpretieren?
Regine Siepmann: Die Aufgaben und die Verantwortung der Finanzvorstände gerade in den führenden börsennotierten Unternehmen sind zweifelsohne in den letzten Jahren gewachsen. Das spiegelt sich im Vergütungsniveau wider. Den aktuellen Vergütungsanstieg würden wir aber so nicht bewerten.
 
Wie steht es um die Vergütung im Vergleich zwischen CFOs und Ordentlichen Vorstandsmitgliedern?
Nina Grochowitzki: Da sind die Unterschiede bei weitem nicht so gravierend wie im Vergleich zu den Vorstandsvorsitzenden. Die Finanzchefs von DAX-Unternehmen verdienen rund 8 Prozent mehr als andere Ordentliche Vorstandsmitglieder, in MDAX-Firmen sind es rund 16 Prozent.
Regine Siepmann: In der Regel verdient ein Vorstandsvorsitzender etwas weniger als das Doppelte  eines Ordentlichen Vorstandsmitglieds.
 
Durch welche Unternehmen wird bei den CFOs die Vergütungsspitze besetzt? In der Vergangenheit sind ja durchaus auch kleinere Unternehmen in die Phalanx der DAX-Firmen vorgestoßen?
Regine Siepmann: Das sehen wir in dem aktuellen Betrachtungszeitraum nicht. Die Vergütungsspitze bei den CFOs im DAX wird vom Vorstandsvorsitzenden von Fresenius mit 7,9 Mio. Euro besetzt, gefolgt von Daimler mit 7,2 Mio. Euro. Die am besten verdienenden CFOs in MDAX-Unternehmen sind mit jeweils rund 3,7 Mio. Euro bei Metro und Dürr zu finden. Der Unterschied zwischen den Unternehmen in den beiden Indices ist damit deutlich. Die höchsten Zuflüsse im MDAX liegen knapp oberhalb des Durchschnitts der CFO-Vergütung im DAX.
Dr. Pia Lünstroth: Dies wird auch deutlich, wenn man sich die jeweiligen Spannen zwischen dem am besten verdienenden CFO und dem Schlusslicht im jeweiligen Index anschaut. Hier fällt auf, dass im MDAX die Vergütungen wesentlich breiter streuen. Der Faktor beträgt im MDAX das Neunfache, im DAX streut er dagegen um den Faktor 5.
 
Wie genau gestaltet sich die Vergütungsstruktur von CFOs in DAX- und MDAX-Unternehmen? Gibt es hier Unterschiede zwischen den Indices oder im Vergleich zu anderen Vorstandsmitgliedern, insbesondere zum Vorstandsvorsitzenden?
Nina Grochowitzki: Die Vergütungsstruktur in den führenden börsennotierten Unternehmen ist sich relativ ähnlich. Rund ein Viertel der durchschnittlichen Direktvergütung eines Vorstandsvorsitzenden entfällt auf die einjährige variable Komponente, also den Jahresbonus. Bei der mehrjährigen variablen, meist aktienorientierten Komponente beträgt der Anteil zwischen 35 % im MDAX und 45 % im DAX.
 
Schauen wir abschließend noch einmal voraus. Zeichnen sich für das Geschäftsjahr 2016 wesentliche Veränderungen bei den CFO-Vergütungen ab?
Regine Siepmann: Grundsätzlich nein, zumindest was die Struktur der Vergütung anbetrifft. Natürlich werden sich absehbar schlechtere Geschäftszahlen in der variablen Vergütung niederschlagen, sowohl bei der jahresbezogenen als auch langfristigen Komponente.
Dr. Pia Lünstroth: Bei den Durchschnittsbetrachtungen werden sich natürlich auch die verschiedenen Wechsel in der Index-Zugehörigkeit eines Unternehmens niederschlagen.

Frau Siepmann, Frau Grochowitzki, Frau Dr. Lünstroth, herzlichen Dank für das Gespräch.
Autor Dr. Pia Lünstroth

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