- Proportionalitätsprinzip bleibt gewahrt - neue Anforderungen für kleinere Banken und Asset Manager im Gruppenkontext
- Veröffentlichung der Änderungsverordnung zur aktuellen Fassung der Institutsvergütungsverordnung (IVV 4.0)
Frankfurt 27. September 2021. Am 24. September 2021 und damit noch unmittelbar vor der Bundestagswahl wurde die seit Jahresbeginn erwartete Änderungsverordnung der Institutsvergütungsverordnung in der aktuellen Fassung 4.0 (IVV 4.0) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Finalisierung war überfällig. Nachdem im Januar 2021 bereits die wesentlichen Regelungen für die Umsetzung des sogenannten EU-Bankenpakets mit den Änderungen des Kreditwesengesetzes in Kraft getreten waren, war mit einer zeitnahen Umsetzung der ergänzenden Verordnungen gerechnet worden.
Die jetzt veröffentlichten Neuregelungen haben ihren Ursprung in der Capital Requirements Regulation (CRR II) und Capital Requirements Directive (CRD V), deren erklärtes Ziel es ist, Risiken des Finanzsektors zu reduzieren und die Widerstandsfähigkeit und Stabilität des Finanzsektors zu stärken, auch im Hinblick auf künftige Krisen. Insbesondere die Vorgaben der CRD V waren unter anderem durch Änderungen am Kreditwesengesetz (KWG) und – für die vergütungsrelevanten Anforderungen – durch Änderungen an der Institutsvergütungsverordnung in nationales Recht umzusetzen.
„Wie erwartet sind die jetzt veröffentlichten Neuerungen weniger einschneidend für große Kreditinstitute als in der letzten Neufassung der Institutsvergütungsverordnung“, erklärt Petra Knab-Hägele, Senior Partnerin der Unternehmensberatung hkp/// group. Die Expertin für Vergütung im Finanzdienstleistungssektor verweist insbesondere auf Neuerungen, die besonders kleinere, nicht-bedeutende Institute und Kapitalverwaltungsgesellschaften betreffen und von diesen in ihren Konsequenzen nicht unterschätzt werden sollten.
Nicht-bedeutende Institute und Kapitalverwaltungsgesellschaften im Fokus
Von den Neuregelungen nicht berührt wird das Prinzip der Proportionalität: Nicht-bedeutende Institute - in der Regel solche mit einer Bilanzsumme unter 15 Mrd. EUR - müssen für Risikoträger nach wie vor nicht die strengen Anforderungen an die Vergütungsgestaltung für bedeutende Institute umsetzen.
Allerdings sind neben den bedeutenden CRR-Instituten zwei weitere Gruppen betroffen. So müssen kleinere, nicht-bedeutende CRR-Institute mit einer Bilanzsumme über 5 Mrd. EUR und nicht geringfügigen Handelsaktivitäten oder hohen Derivatepositionen sowie übergeordnete Unternehmen, die keine CRR-Institute sind, aber eine Bilanzsumme über 30 Mrd. EUR aufweisen, unter anderem Risikoträger identifizieren und für diese Zielvereinbarung und -bemessung, Aufschub der Vergütung, Zahlung in sogenannten Instrumenten (Aktien oder ähnliche Beteiligungen) sowie Clawbacks zur Rückforderung von Vergütungen regeln.
Auch Kapitalverwaltungsgesellschaften und Wertpapierdienstleister müssen nunmehr explizit auch im Gruppenkontext, das heißt mit bedeutender „Instituts-Mutter“, die Anforderungen der Verordnung für Mitarbeiter, die als Gruppenrisikoträger identifiziert werden, umsetzen.
„Nicht-bedeutende Institute müssen bereits seit Beginn des Jahres nach den Maßgaben des Kreditwesengesetzes KWG Risikoträger identifizieren. Die besonderen Anforderungen an die variable Vergütungsgestaltung gelten dabei allerdings nur für ausgewählte Institute. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber nun das Proportionalitätsgesetz beibehalten und die Besonderheiten des hiesigen Marktes berücksichtigt, allerdings musste jedoch einigen auf EU-Ebene zu vereinheitlichenden Regelungen entsprochen werden“, erläutert hkp/// group Partnerin Isabel Jahn.
Institutsvergütungsverordnung (IVV 4.0): Die neuen Anforderungen im Überblick
Die wesentlichen Anforderungen der neuen Verordnung im Vergleich zur aktuell gültigen Fassung vom April 2019 lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Die Einteilung in bedeutende und nicht-bedeutende Institute bleibt bestehen.
- Die Bilanzsummengrenze zur Einstufung als bedeutendes Institut bleibt mit 15 Mrd. EUR bestehen. Der Zeitraum der Durchschnittsbildung bezieht sich neu allerdings auf 4 statt auf 3 Jahre. Die Möglichkeit zur De-Identifikation als bedeutendes Institut ist entfallen.
- In Verbindung mit der Neufassung des KWG müssen alle Institute Risikoträger selektieren.
- Bei der Offenlegung muss von allen Instituten mindestens der Gesamtbetrag aller Vergütungen, unterteilt in fixe und variable Vergütungen, sowie die Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung dargestellt werden, sofern nicht weitere Regelungen gelten.
- Bei Gestaltung der Vergütungsregelungen ist von allen Instituten auf Geschlechtsneutralität zu achten und Entgeltbenachteiligungen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sind zu vermeiden.
- Besondere Anforderungen an variable Vergütung sind nur für Risikoträger in bedeutenden Instituten zu erfüllen, es sei denn, ein Unternehmen gehört zu einer der Ausnahmekategorien:
- Kleinere, nicht bedeutende CRR-Institute, die eine Bilanzsumme über 5 Mrd. EUR aufweisen und dabei auch im nicht geringfügigen Umfang Handelsaktivitäten betreiben oder über hohe Derivatepositionen verfügen, und
- Übergeordnete Unternehmen, die zwar keine CRR-Institute sind, aber eine Bilanzsumme über 30 Mrd. EUR aufweisen
- Kapitalverwaltungsgesellschaften und Wertpapierdienstleister im Gruppenkontext (mit bedeutendem Institut als Muttergesellschaft) für die Gruppenrisikoträger
- Weiterhin gelten besondere Anforderungen an die variable Vergütung für Risikoträger erst ab einer variablen Vergütung von 50.000 Euro - künftig allerdings nur, sofern diese nicht mehr als ein Drittel der Gesamtjahresvergütung ausmacht.
- Die Aufschubzeiträume (Deferral) für Risikoträger verlängern sich von mindestens 3 auf mindestens 4 Jahre.
- Der Personalbereich gilt künftig nicht mehr als Kontrollfunktion im Sinne der Institutsvergütungsverordnung.
Weitere Änderungen haben keine wesentlichen inhaltlichen Auswirkungen und sind eher redaktioneller Natur.
Trotz moderater Änderungen Handlungsbedarf gegeben
Insbesondere die weiterhin gültige Unterscheidung in bedeutende und nicht-bedeutende Institute erleichtert vielen kleineren Instituten, sofern sie nicht unter die Ausnahmetatbestände fallen, die Umsetzung der neuen Regelungen.
Lediglich die von allen Instituten durchzuführende Risk-Taker-Selektion erfasste bereits seit Beginn des Jahres 2021 die breite Masse der Unternehmen. Es handelt sich hierbei jedoch um einen abgrenzbaren Definitionsumfang, der sich auf die Ebene der Geschäftsleitung, des Aufsichtsorgans und die erste Ebene unterhalb der Geschäftsleitung sowie Manager in Kontrolleinheiten oder wesentlichen Geschäftsbereichen beschränkt. Kapitalverwaltungsgesellschaften und Wertpapierdienstleister im Institutskontext dürften sich ebenfalls recht schnell umstellen, da in der Regel in der Vergangenheit bereits Risikoträger im Gruppenkontext ermittelt wurden.
„Die Neuerungen sind zwar nicht bahnbrechend, für einige kleinere Institute sowie im Konzernkontext ergibt sich aber dennoch Anpassungsbedarf. Auch die Verlängerung des Aufschubs variabler Vergütungselemente für Risikoträger auf jetzt mindestens vier Jahre wird die Betroffenen – Unternehmen wie auch Individuen - nicht erfreuen“, ist hkp/// group Senior Partnerin Petra Knab-Hägele überzeugt. Ihre Partner-Kollegin Isabel Jahn sieht in den weiteren Änderungsvorschlägen eher ein Nachjustieren, mit Anpassungsbedarf lediglich in Teilbereichen. „Eine Überprüfung der Vergütungssysteme auf regulatorische Konformität ist dennoch empfehlenswert, um für künftige aufsichtliche Prüfungen gewappnet zu sein.“, so die hkp/// group Vergütungsexpertin. In der Folge wird nun in der Branche mit Spannung die überarbeitete Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung erwartet, mit der weitere Präzisierungen der Auslegung der neuen Regelungen zu erwarten sind.
Über die hkp/// group
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