HR Shared Service Center sind beliebt. Kein Wunder: Durch die Bündelung, Standardisierung und Auslagerung einfacher, aber oft zeitintensiver Prozesse und Dienste sparen sie Kosten. Tatsächlich können sie jedoch mehr – im Sinne effizienterer Dienstleistung und zur Unterstützung der Transformation. Wie das gelingt, erläutern hkp/// group Senior Manager Andrea Sattelmayer und Senior Director, Marc Popic im Interview.

Frau Sattelmayer, Herr Popic, HR Service Center haben oft ein eher schlechtes Image, woran liegt das?

Marc Popic: In der Vergangenheit haben viele Unternehmen den Fehler gemacht, HR Service Center allein unter Kostenaspekten zu implementieren und intern als „Billigheimer“ zu positionieren, zum Beispiel um Aktivitäten in Länder bzw. Standorte mit einer geringeren Kostenbasis zu verlagern – Stichwort Lohnkostenarbitrage.
Andrea Sattelmayer: Im Ergebnis wurden die Mitarbeiter der Service Center eher als externe Kräfte und nicht als Teil des HR-Teams wahrgenommen, die in einem separierten Maschinenraum mehr als Befehlsempfänger denn als professioneller Dienstleister schufteten.

Wie bieten HR Service Center für die HR-Funktion denn einen konkreten Nutzen?

Marc Popic: Außer Frage steht zunächst, dass die Kosten der HR-Funktion mit einem HR Service Center substanziell reduziert werden können. Der größte Hebel ist dabei noch immer die Lohnkostenarbitrage. Weitere Effizienzhebel sind Skaleneffekte durch Standardisierung. Prozesse werden dabei so normiert und optimiert, dass unnötiger Mehraufwand entfällt.
Andrea Sattelmayer: Ein weiterer wichtiger Hebel ist die Digitalisierung. Gleichförmige Tätigkeiten wie das Erstellen von Arbeitszeugnissen oder Entgeltnachweisen können weitgehend automatisiert werden. Dazu braucht es eine moderne, unternehmensweit durchgängige HR-IT-Landschaft. Doch diese konsequent zu gestalten, bedeutet erstmal ein Investment in Zeit und Geld.
Marc Popic: Ein Investment das sich lohnt und am Ende auch rechnet!

Welche Vorteile bietet denn ein digital optimal aufgestelltes HR Service Center?

Marc Popic: Die Geschwindigkeit von Prozessen wird beispielsweise erhöht und gleichzeitig sinken auch die Fehlerquoten, gerade bei großvolumigen Transaktionen oder Vorgängen, die Datenpflege in mehreren Systemen erfordern.
Andrea Sattelmayer: Und für die Mitarbeitenden der HR-Funktion bietet sich die Chance, sich stärker auf die Prozessoptimierung und -steuerung zu konzentrieren, weil die Kolleginnen und Kollegen im HR Service Center sie von vielen zeitintensiven Aufgaben entlasten. Damit gewinnt die HR-Funktion als Ganzes Schlagkraft. 
Marc Popic: Aber neben den Vorteilen für die HR-Funktion selbst, fördert ein gut aufgestelltes HR Service Center auch die Kundenzentriertheit. Mittels zugeschnittenen Services für einzelne Kunden- beziehungsweise Mitarbeitergruppen können quasi-individuelle Experiences geschaffen werden.

Nochmal zum Thema Schlagkraft oder der gesteigerten Effektivität, wie zeigt sich das konkret?

Andrea Sattelmayer: Die Zugewinne bei der Effektivität zeigen sich etwa, wenn es darum geht, neue HR Policies oder größere Veränderungen unternehmensweit umzusetzen und dabei eine end-to-end Perspektive einzunehmen. Eine umfassende Datenbasis und eine harmonisierte Prozesslandschaft, wie sie ein HR Service Center bietet, sind hier enorme Vorteile mit Blick auf Durchsetzungskraft und Geschwindigkeit.
Marc Popic: Vorteilhaft ist auch, dass die Adressaten der Policies und der Programme diese unternehmensweit einheitlich erleben: Die Serviceversprechen werden im gesamten Unternehmen wahrnehmbar – und sind konsistent.

Dass Lohnkostenarbitrage die von HR Service Centern senkt, haben sie bereits angesprochen. Fällt die Standortwahl meist also eher auf das europäische Ausland?

Marc Popic: So pauschal kann das nicht beantwortet werden. Natürlich bringt das europäische Ausland womöglich Kostenvorteile und ist auch eine sichere Option, wenn es um das Thema Datenschutz geht. Allerdings siedeln erstaunlicherweise die meisten Unternehmen, die ihr Headquarter in Deutschland haben, auch ihr HR Service Center dort an. So sichern sie den Zugang zu ausgebildeten Talenten in Themen wie HR, Digitalisierung und Prozessmanagement, die essenziell sind, um kompetenzbasierte Lösungen mit hohem Qualitätsanspruch anzubieten.
Andrea Sattelmayer: Auch bei HR Service Centern ist inzwischen ein Wandel erkennbar. Spätestens seit der Corona-Pandemie und dem New Work Trend wird vermehrt mit Slogans wie „arbeite von wo aus du möchtest“ geworben und somit die starke Bindung an einen Standort aufgeweicht. Für HR Service Center bietet sich dadurch zweifelsfrei die Möglichkeit, ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern und außerdem neue Arbeitsmärkte zu erschließen.

Kommen wir nochmal zu unserer Eingangsthematik und dem schlechten Image der HR Service Center zurück: Wie können Unternehmen denn nun dem schlechten Ruf entgegenwirken? 

Andrea Sattelmayer: Generell sichert sich ein HR Service Center ein gutes Standing durch eine hohe Leistungskraft. Es sollte konsequent mit messbaren Kenngrößen, KPIs gesteuert werden und entlang der gesamten Wertschöpfungskette Transparenz bieten.
Marc Popic: Viele Unternehmen bemühen sich bereits, den Kunden stärker in den Fokus zu rücken, ohne dabei Effizienz und Kosten außer Acht zu lassen. Der Schlüssel dabei sind Services, die auf bestimmte Kundengruppen zugeschnitten sind und ihnen ein quasi-individuelles, attraktives Mitarbeitererlebnis bieten.
Andrea Sattelmayer: Eine zielgerichtete Kombination aus Self-Service, Semi-Automatisierung und Direktberatung führt zu Effizienzsteigerungen und stellt zugleich den Kunden in den Mittelpunkt.

Frau Sattelmayer, Herr Popic, vielen Dank für das Gespräch!
 

Autor Marc Popic

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