Mitarbeiterbeteiligungsprogramme so beliebt wie nie zuvor
Unternehmen sehen Chancen von Künstlicher Intelligenz in der aktienbasierten Vergütung, fordern aber Ausgewogenheit zwischen KI und geschulter menschlicher Aufsicht
Ergebnisse des Global Equity Insights Survey 2024
Frankfurt am Main, 08. Juli, 2024. Aktienprogramme gewinnen weltweit an Verbreitung, stehen in ihrer Gestaltung und Kommunikation mehr und mehr im Fokus institutioneller Investoren und erfahren dabei gleichzeitig tiefgreifende Veränderungen. So priorisieren europäische Unternehmen zunehmend Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Ziele (Environment, Social und Governance) in den Vergütungssystemen ihrer Mitarbeitenden und Führungskräfte. Der Fokus liegt dabei auf Umweltzielen wie CO2-Reduktion. Gleichzeitig wächst durchgehend das Interesse am Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in Aktienprogrammen. Obwohl das beträchtliche Potenzial dieser Technologie anerkannt wird, bestehen Bedenken hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit.
Zu diesen Erkenntnissen kommt die zwölfte Ausgabe der Global Equity Insights Survey (GEIS), der weltweit umfassendsten Studie zur Marktpraxis bei aktienbasierter Vergütung und Mitarbeiterbeteiligung. Die Studie, die von hkp///group und der Global Equity Organization (GEO) unter akademischer Leitung der Georg-August-Universität Göttingen durchgeführt wird, wird aktuell von der Bank of America, Computershare, Fidelity, SAP, Siemens, Siemens Energy und Vialto Partners unterstützt. Die Studienausgabe 2024 berücksichtigt intensiver denn je die Einbeziehung von Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Zielen in die Gestaltung von variablen aktienbasierten Vergütungen (Long Term Incentives, LTI) und Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen (Share Purchase Plans, SPP). Neues Schwerpunktthema sind die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf aktienbasierte Vergütungs- und HR-Instrumente.
„Angesichts ihrer zunehmenden Verbreitung und Bedeutung für eine effektive Incentivierung von Mitarbeitenden rücken aktienbasierte Vergütung und Mitarbeiterbeteiligung stärker denn je auf die Agenda institutioneller Investoren. Deren Perspektive und Einfluss auf diese Vergütungs- und HR-Instrumente sind daher für Personalleiter von entscheidender Bedeutung. Sie müssen diese Dynamik steuern und sicherstellen, dass Aktienprogramme strategiekonform sind. Gleichzeitig müssen sie die Programme effektiv kommunizieren, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen“, erklärt David Voggeser, GEIS Studienleiter und Partner bei hkp///group.
Die Ergebnisse im Detail
Long Term Incentives weltweit auf dem Vormarsch
Der Einsatz von LTIs in Vergütungspaketen nimmt weiter zu, insbesondere bei Führungskräften und im mittleren Management. Restricted Stock Units (RSUs) und Performance Share Units (PSUs) sind weltweit weit verbreitet, wobei PSUs häufiger in höheren Managementpositionen und RSUs in unteren Managementebenen eingesetzt werden. Aktienoptionen, die nach der Finanzkrise 2007 eine rückläufige Nutzung verzeichneten, erfreuen sich wieder wachsender Beliebtheit. Andere Plan-Arten wie Performance Cash und Deferrals werden insbesondere in europäischen Unternehmen weiter genutzt.
Etwa ein Drittel der an der Studie teilnehmenden Unternehmen passt Pläne nicht regelmäßig an die Risikoprofile an. Dies deutet auf einen fehlenden systematischen Ansatz hin. Allerdings überprüft mehr als ein Fünftel ihre Risikoprofile jährlich, während ein ähnlicher Anteil dies auf Ad-hoc-Basis durchführt. Dies spiegelt eine unterschiedliche Perspektive auf das Risiko-Management im Kontext von LTI-Plänen wider.
Besonders nordamerikanische Unternehmen neigen dazu, LTI-Pläne auf einen größeren Teil ihrer Belegschaft auszuweiten. Darüber hinaus haben 57 % der weltweiten Unternehmen den Gesamtwert der Zuteilungen in den letzten fünf Jahren erhöht, was die wachsende Bedeutung von LTIs – nicht zuletzt in der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden und Führungskräften – unterstreicht.
Europäische Unternehmen bei Aktienprogrammen vorn
Aktienprogramme für Mitarbeitende (Share Purchase Plans, SPP) zeigen eine stabile Verbreitung, allerdings mit regionalen Unterschieden. So ist 2024 die Nutzung in Europa angestiegen, wohingegen sie in Nordamerika und im „Rest der Welt“ (ROW) rückläufig ist. Während Unternehmen in Nordamerika Aktienrabatt-Pläne bevorzugen, greifen europäische Unternehmen sowohl auf Aktienrabatt- als auch Matching-Pläne zurück. In anderen Kontinenten und Ländern werden überwiegend Matching-Pläne genutzt.
Der stärkste Druck bei der Umsetzung von Aktienprogrammen für Mitarbeitende geht in allen Regionen von den Aktienkursen aus, aber auch von Einstellungsprogrammen, Talent-Management-Strategien und dem Druck des Top-Managements. Zu den dahinter liegenden Zielen gehören die Förderung der Mitarbeiterbeteiligung, die Verbesserung der Motivation und der Mitarbeiterbindung sowie die Förderung der Unternehmensidentität.
Anwendung von ESG-Zielen variiert stark zwischen Regionen
Trotz des zunehmenden Drucks seitens institutioneller Anleger haben 62 % der nordamerikanischen Unternehmen keine ESG-Ziele in ihren Vergütungsstrukturen. Ganz im Gegensatz die europäischen Studienteilnehmer: Hier verzichten nur 15 % auf die Berücksichtigung von ESG-Zielen. Europäische Unternehmen wenden ESG-Ziele überwiegend sowohl auf LTIs und auf STIs oder ausschließlich auf LTIs an, während alle sonstigen Unternehmen STIs bevorzugen.
Während CO2-Reduktion, Diversität und Corporate Governance weit verbreitete ESG-Kriterien sind, bleibt ihr direkter Einfluss auf die Erreichung von LTI-Zielen gering, insbesondere in Nordamerika, wo sie in erster Linie als Modifikatoren und nicht als Bewertungsgrundlage dienen.
Einfluss von Investoren nimmt zu
Institutionelle Investoren und Stimmrechtsberater üben weltweit erheblichen Einfluss auf aktienbasierte Vergütungsprogramme aus. 45 % der Studienteilnehmer schätzen deren Einfluss als mindestens moderat und 38 % als hoch oder sehr hoch ein. Die Kommunikation zu aktienbasierten Vergütungsprogrammen und ESG-Aktivitäten erfolgt in erster Linie über jährliche Geschäftsberichte. Allerdings berichten nur 43 % der Unternehmen in denselben Berichten über Initiativen zur Lohngleichheit, wobei bemerkenswerte 57 % der Studienteilnehmer außerhalb von Nordamerika und Europa dieses Thema gänzlich auslassen.
Maßgeschneiderte Equity-Lösungen verbessern Mitarbeiterbindung
Fast drei Viertel der Studienteilnehmer weltweit verfügen über formelle Prozesse zur Identifizierung interner geschäftskritischer Talente. Dennoch verfügt etwa ein Drittel der Unternehmen in allen Regionen nicht über spezifische Bindungsinstrumente für geschäftskritische Talente. Von den Unternehmen, die über Strategien zur Mitarbeiterbindung verfügen, nutzen 41 % größere Kapitalbeteiligungen, während 30 % auf höhere Gehälter setzen. Dabei ist die Beliebtheit höherer Gehälter im Vergleich zu 2023 zurückgegangen. Insgesamt sind spezifisch auf geschäftskritische Talente zugeschnittene Aktienpläne selten, was zeigt, dass globale Unternehmen breitere Bindungsstrategien bevorzugen.
Einsatz von KI in Beteiligungsprogrammen: begrenzt, aber wachsend
Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen setzt derzeit keine KI für Aktienprogramme ein, wobei 79 % sie überhaupt nicht nutzen. Fast ein Viertel der Unternehmen in Nordamerika sind jedoch Vorreiter und nutzen KI schon heute. KI-Anwendungen wie beispielsweise Chatbots werden vielfach noch erforscht, werden aber von fast der Hälfte der Studienteilnehmer für die Bearbeitung aktienbezogener Anfragen als positiv angesehen. Dennoch wird KI noch nicht als effizienzsteigernd für Aktienprogramme angesehen. Während fast die Hälfte der Unternehmen unsicher ist, wie sich die KI-Nutzung in Zukunft auf Vergütungsprozesse auswirken wird, sieht etwa ein Drittel der Unternehmen Potenzial für Verbesserungen bei der Berichterstattung und Analyse.
„Die Studienteilnehmer zeigen sich besonders besorgt über die Zuverlässigkeit und Genauigkeit von KI-Anwendungen im Kontext von aktienbasierten Vergütungs- und Beteiligungsprogrammen. Daher scheint ein ausgewogenes Verhältnis zwischen KI und menschlicher Aufsicht und angemessener Schulung erforderlich. Es gilt, Chancen zu erkennen und zu nutzen, gleichzeitig aber auch Vorbehalte und Ängste abzubauen“, so hkp///group Partner David Voggeser.
Große globale Unterschiede bei der Definition von Mobilität
In allen Wirtschaftsregionen haben die meisten Studienteilnehmer formelle Auslandseinsätze (1 bis 2 Jahre), dauerhafte Versetzungen und kurzfristige Einsätze in den Bereich der Mobilität aufgenommen und ausdrücklich definiert. Pendler und Geschäftsreisende werden gelegentlich einbezogen. Europäische Unternehmen wenden Mobilitäts-Policies in der Regel für die gesamte Laufzeit der Prämie an, während Unternehmen aus Nordamerika und dem ROW einen ausgewogeneren Ansatz verfolgen, indem sie die Richtlinien entweder für die gesamte Laufzeit der Prämie oder nur für das Jahr anwenden, in dem der entsandte Mitarbeiter ins Heimatland zurückkehrt.
Die Mehrheit der Studienteilnehmer (55 %) beauftragt externe Berater mit der Einhaltung von Steuergesetzen, während die übrigen sich auf lokale Lohnbuchhaltungsteams oder die Muttergesellschaft verlassen und interne Rechtsberater eine untergeordnete Rolle spielen.
Bezug der Studienergebnisse
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Angaben und Ergebnisse des Global Equity Insights Survey 2024 ist verfügbar unter: hkp/// group - Global Equity Insights Survey 2024.