Talent und Performance Management ist aktuell eines der zentralen Themen , mit denen sich die HR-Funktion weltweit intensiv beschäftigt. Nach der Akquisition von hkp///group durch Mercer wollen beide Beratungshäuser mit gebündelten Kräften Personalverantwortliche in den damit verbundenen Themenfeldern unterstützen – in der Beratung, aber auch durch hochwertige Research und Analysen wie der Global Talent Trends-Studie. Ein Gespräch mit dem hkp///group Partner Frank Gierschmann und dem Mercer Partner Michael Eger.
Warum findet sich Talent und Performance Management aktuell so hoch auf der Agenda von Personalabteilungen?
Frank Gierschmann: Die Gründe sind bekannt. Wir haben einen demografischen Faktor, der sich jetzt schon bemerkbar macht, aber schon kurzfristig noch schwerwiegender in seinen Auswirkungen spürbar wird. Ich denke da an die sich stetig verstärkende Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften bei gleichzeitiger Zunahme von Pensionierungen angesichts einer alternden Belegschaft. Dazu kommen viele Transformationsprozesse, in denen Unternehmen heute stehen. Die benötigten Fertigkeiten ändern sich schnell und sind nicht einfach am Bewerbermarkt verfügbar. Aktuelle Beratungsprojekte zeigen dabei: In der Konsequenz steht für viele Unternehmen der Erfolg von Geschäftsmodellen auf dem Spiel. Ein gezieltes Skill- und Performance-Management kann hier wichtige Lösungen bereitstellen.
Michael Eger: Das ist die Realität, fern von jedem Alarmismus, und diese Realität zeigt sich nicht zuletzt auch in unseren regelmäßigen Analysen. Auf der Suche nach Lösungen wollen Unternehmen ein Gesamtbild ihres Marktes haben.
Dieses Gesamtbild ist nicht immer leicht zu erhalten. Eine der bedeutendsten Analysen, mit denen Mercer in Erscheinung tritt, sind die Global Talent Trends. Was ist das Besondere an dieser Studie?
Michael Eger: Global Talent Trends ist eine regelmäßige Mercer-Studie, die seit über zehn Jahren durchgeführt wird. In die Analyse für 2024 sind die Rückmeldungen von rund 12.000 Menschen aus allen Regionen und Branchen eingeflossen. Wir sprechen also über eine repräsentative Stichprobe. Das Besondere der Analyse ist, dass dabei nicht nur Personalverantwortliche befragt werden, sondern auch Geschäftsführer und andere Top-Führungskräfte sowie Mitarbeitende aus allen Generationen und Berufen. Das gibt ein tragfähiges Bild, zumal auch immer Regionen- oder Branchenschnitte möglich sind.
Der Blick in vergangene Studien zeigt: Es geht dabei nicht nur allein um Talent Management…
Michael Eger: Nein, wir fokussieren immer aktuell, welche Themen im People Management diskutiert werden, mit welchen Herausforderungen sich Organisationen weltweit auseinandersetzen und wie Lösungsansätze aussehen können.
Welche Kernthemen haben sich für das laufende Jahr 2024 abgezeichnet?
Michael Eger: Es sind im Grunde vier Trends, die wir unter den Überschriften Drive human-centric productivity, Anchor to trust and equity, Boost the corporate immune system und Cultivate a digital-first culture zusammenfassen. Ihnen zugrunde liegen Antworten auf zentrale Fragen wie: Welche Skills brauchen Unternehmen, um Entwicklungen wie dem Fachkräftemangel durch den Einsatz moderner Technologien und KI zu begegnen? Und wie lässt sich in einer Digital-first Kultur die Balance zwischen Produktivitätsdruck und Erschöpfung bzw. Wellbeing herstellen. Oder: Wie kann ein durch krisenhafte Entwicklungen – man denke an Corona – untergrabenes Vertrauen von Mitarbeitern in die Unternehmensführung wie auch die direkten Vorgesetzten wieder hergestellt und gefestigt werden? Oder: Welche Maßnahmen braucht es, die Widerstandskraft von Unternehmen als Organisation und Mitarbeitern zu festigen und nachhaltig zu stärken?
Welche weiteren Entwicklungen speziell auch mit Blick auf das Talent- und Performance-Management sind im Markt zu erkennen?
Frank Gierschmann: Eine Entwicklung, die uns langfristig beschäftigen wird, ist der zunehmende Druck auf Unternehmen, in Wesentlichkeitsanalysen genau zu definieren, welche Bereiche guter Personalarbeit unmittelbar geschäftsrelevant sind. Diese Diskussion wird derzeit in Vorständen und Aufsichtsräten - auch mit Personalverantwortlichen - geführt. Ziel ist es, relevante HR-Maßnahmen klar messbar und damit auch wertsteigernd in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Die Diskussion, wie gute Personalarbeit konkret aussieht und welchen Impact sie auf den Unternehmenserfolg hat, rückt so in den Fokus.
Der Wertbeitrag von HR rückt also mehr denn je in den Fokus?
Frank Gierschmann: So ist es. Das mag für manche Personalverantwortlichen als zusätzliche Last wirken. Es bietet jedoch die große Chance, als Vertreter der HR-Funktion eine zentrale Rolle in der strategischen Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens zu spielen. Die von Michael bereits angesprochenen Themen, etwa die Sicherstellung von Vertrauen und Resilienz oder die Anpassung an technologische Veränderungen, gewinnen dadurch weiter an Bedeutung und werden systematisch adressiert.
Abschließend noch ein Ausblick auf die Neuauflage der Global Talent Trends Studie. Ist HR so dynamisch, dass es jedes Jahr neue Trends braucht?
Michael Eger: Im Grunde folgen wir einem Zweijahresrhythmus: Es gibt immer eine Vollerhebung und neue Trends. Im Zwischenjahr werden in den Regionen nur die Personaler bzw. People Manager befragt, wie sich die zuvor identifizierten Trends aus ihrer Sicht entwickelt haben. Dadurch entsteht ein gutes Gefühl für Veränderungen. Genau dafür läuft gerade die Erfassung – und es wäre prima, wenn an der Befragung möglichst viele Unternehmen aus der DACH-Region teilnehmen würden. Denn je besser die Datenlage, desto detaillierter und attraktiver die Einblicke.
Herr Eger, Herr Gierschmann, vielen Dank für das Gespräch!
Der aktuelle Studienreport für das Jahr 2024 steht hier zum Download zur Verfügung. |