- Außerordentlich gute Geschäftsergebnisse spiegeln sich in Vergütungen wider: 28% Vergütungszuwachs bei einem um mehr als das Sechsfache gestiegenen Gewinn pro Aktie
- Analyse „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung MDAX 2010“
Frankfurt am Main, 20. Mai 2011. Eine Analyse der aktuellen Geschäftsberichte der 50 MDAX-Unternehmen durch die Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///) belegt, dass die Vorstandsvergütungen 2010 deutlich gestiegen sind. So beläuft sich die durchschnittliche Direktvergütung (Summe aus Festvergütung, Kurzfristbonus und nachhaltiger Vergütung) eines Vorstandsvorsitzenden in diesem Börsensegment für das Geschäftsjahr 2010 auf rund zwei Millionen Euro. Bei den Top-Managern die in den Geschäftsjahren 2009 und 2010 im Amt waren, beträgt der aktuelle Wert 1,97 Mio. Euro. Die damit im Durchschnitt um rund 28% gestiegenen Vergütungen resultieren aus Anstiegen bei den kurzfristigen variablen Bezügen (+16%), insbesondere aber bei den auf bis zu vier Jahre ausgelegten nachhaltigen variablen Vergütungsbestandteilen, die sich verdoppeln (+102%).
Der deutliche Anstieg der langfristigen variablen Bezüge ist im Wesentlichen eine Folge des 2010 erstmals geltenden Gesetzes zur Angemessenheit in der Vorstandsvergütung (VorstAG). Die kurzfristigen variablen Bezüge sind vor allem aufgrund außerordentlich guter Geschäftszahlen gestiegen. So konnten die im MDAX notierten Unternehmen ihren Gewinn pro Aktie im Durchschnitt um 655% gegenüber 2009 steigern. Neben der positiv zu bewertenden Parallelität in der Entwicklung von Geschäftserfolg und Vergütung belegt die hkp/// Analyse aber auch, dass sich 13 der 50 in dem Börsenindex geführten Unternehmen noch immer dem individuellen Ausweis der Vorstandsvergütung entziehen. Sofern Systeme und Höhen der Vorstandsvergütung ausgewiesen werden, sind die Vergütungsberichte zudem häufig schwer verständlich und schlecht vergleichbar.
Für die hkp/// Studienautoren sind die Ergebnisse Beleg dafür, dass die neuen regulatorischen Anforderungen an die Vorstandsvergütung bei dem Gros der MDAX-Unternehmen weitgehend umgesetzt wurden. „Die Vergütung ist erfolgs- und risikoorientierter ausgestaltet als jemals zuvor. Im Durchschnitt steht knapp die Hälfte der variablen Bezüge der Top-Manager im MDAX für bis zu vier Jahre im Risiko und kann im Extremfall ganz entfallen. Dies ist eine neue Qualität in der Vergütungspraxis“, erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Er verweist darauf, dass 2010 erstmalig das Gesetz zur Angemessenheit in der Vorstandsvergütung (VorstAG) und die Institutsvergütungsverordnung umzusetzen war. Die Unternehmen seien diesen Vorgaben weitgehend nachgekommen, wenngleich aktuell noch neun MDAX-Werte aufgrund des Bestandsschutzes von Altverträgen für ihre Vorstandsvorsitzenden eine variable Langfristvergütung von null ausweisen.
Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden im Geschäftsjahr 2010
Die durchschnittliche Grundvergütung von Vorstandsvorsitzenden im MDAX für das Geschäftsjahr 2010 beträgt rund 0,68 Mio. Euro, der jahresbasierte Kurzfristbonus 0.67 Mio. Euro und die variable Langfristvergütung 0,64 Mio. Euro – die Vergütungsstruktur weist daher einen ausgewogenen Mix aus festen, kurzfristigen und langfristigen Elementen aus (je ein Drittel). Die durchschnittliche Direktvergütung beläuft sich auf 1,99 Mio. Euro.
Über den gesamten MDAX hinweg wird für sechs Vorstandsvorsitzende eine Direktvergütung von mehr als drei Millionen Euro ausgewiesen, 18 Unternehmenslenker erhalten mehr als zwei Millionen Euro.
Die im MDAX gelisteten Unternehmen mit den geringsten Bezügen für Vorstandsvorsitzende sind Deutsche Wohnen und HHLA mit jeweils 0,7 Mio. Euro Direktvergütung sowie Heidelberger Druck mit 0,75 Mio. Euro. Die Bezüge des Vorstandsvorsitzenden der Aareal Bank sind bei 500.000 Euro Fixvergütung gedeckelt, da das Institut staatliche Hilfen in Anspruch nimmt.
Die höchsten Vergütungen im Vergleich erhalten die Vorstandsvorsitzenden von Hochtief (4,3 Mio. Euro), Lanxess (3,9 Mio. Euro) und EADS (3,5 Mio. Euro). Diese Spitzenwerte liegen deutlich unter den Vergleichswerten im DAX (Volkswagen, 9,3 Mio. Euro Direktvergütung, Siemens 8,9 Mio. Euro), weisen aber ähnlich hohe Anteile an nachhaltig variabler Vergütung auf, mindestens 35% bei EADS und maximal 69% bei Hochtief.
Pay for Performance auch im MDAX weitgehend etabliert
Eine Gegenüberstellung der Bezüge von Vorstandsvorsitzenden im MDAX, die sowohl 2009 und 2010 im Amt waren, belegt einen Anstieg der durchschnittlichen Direktvergütung um 28% auf 1,97 Mio. Euro. Im gleichen Zeitraum ist der Gewinn pro Aktie um durchschnittlich 655% gestiegen. Den höchsten Vergütungszuwachs gegenüber dem Geschäftsjahr 2009 verzeichnen die Vorstandsvorsitzenden von Leoni (+ 145%), EADS (+132%) und Lanxess (+118%). Alle drei Unternehmen haben das Ergebnis pro Aktie als Performance-Kenngröße erheblich gesteigert.
Sinkende Vergütungen werden für die Unternehmenslenker von Stada Arzneimittel (-11%), Vossloh (-7%) und Hochtief (-2%) ausgewiesen, wenngleich die beiden letztgenannten Unternehmen noch einen gestiegenen Gewinn pro Aktie verzeichnen. Der deutlichste Rückgang im Vergütungsvergleich wurde bei Brenntag (-80%) ermittelt, dieser ist aber dem im Geschäftsjahr 2009 gültigen besonderen Incentivierungs-Programm im Rahmen des Börsengangs geschuldet.
Diskrepanzen zwischen Performance und Vergütung zeigen sich bei Gea Group (Gewinn pro Aktie -0,15€ / Anstieg Direktvergütung + 64%), Wincor Nixdorf (-0,23€ /+32%), Tognum (-0,30€ /+16%), Rhön Klinikum (-0,06€ /+11%) und Praktiker Holding (-0,42€ /+7%). Mit Ausnahme von Praktiker geht der Vergütungsanstieg im Wesentlichen auf die Neueinführung bzw. Erhöhung nachhaltiger variabler Vergütungen zurück, deren Auszahlung je nach Geschäftsentwicklung über die kommenden bis zu vier Jahre erfolgt.
Transparenz und Lesbarkeit der Vergütungsberichte verbesserungswürdig
2010 hat die Transparenz im Ausweis der Vergütungssysteme und -höhen im MDAX weiter zugenommen. Dennoch weisen 13 von 50 Unternehmen noch immer nicht die Bezüge ihrer Vorstände individuell und nach Vergütungselementen aus. Das ist aus Sicht der Studienautoren befremdlich: „Wer am Kapitalmarkt agiert, sollte sich auch den geltenden Gesetzmäßigkeiten in puncto Transparenz unterwerfen“, erklärt hkp/// Senior Consultant Regine Siepmann. Sie weist zugleich darauf hin, dass – sofern von den Unternehmen die relevanten Daten ausgewiesen werden - die Heterogenität in der Darstellung und die Vielzahl der getroffenen Annahmen bzw. unterlegten Bedingungen die Lesbarkeit der Vergütungsberichte erschwert und einen Vergleich selbst für Experten zur Herausforderung werden lässt.
Michael H. Kramarsch, hkp/// Managing Partner, zeigt sich jedoch überzeugt, dass sich in den kommenden Jahren im MDAX ein Wandel der Governance-Kultur und damit auch in der Perspektive auf den Vergütungsausweis vollziehen wird. „Viele Unternehmen stehen vor einem Generationenwechsel im Top-Management. In diesem Zusammenhang werden Fragen des Ob und Wie des Vergütungsausweises sicherlich stärker im Sinne des Kapitalmarkts und der Aktionäre adressiert. Verweigerungshaltungen werden damit hoffentlich ein für alle Mal der Vergangenheit angehören“, so der Corporate Governance-Experte.