- Gesamtbezüge der DAX-Vorstandsvorsitzenden für 2013 sinken leicht auf 4,97 Mio. Euro – Erstmals seit 2010 wird damit wieder die Marke von 5 Mio. Euro unterschritten
- Rückläufige Ertragslage der Unternehmen geht einher mit niedrigsten Boni seit 2006
- Analyse „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung DAX 2013“
Frankfurt am Main, 25. März 2014. Die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden der größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands sind im zurückliegenden Geschäftsjahr zum zweiten Mal in Folge leicht rückläufig. So beträgt die durchschnittliche Direktvergütung (Grundvergütung plus ein- und mehrjährige variable Vergütung) eines DAX-Vorstandsvorsitzenden für 2013 rund 4,97 Mio. Euro. Damit wird erstmals seit 2010 wieder die Marke von 5 Mio. Euro unterschritten. Gleichzeitig sinkt der Anteil des traditionellen Jahresbonus eines Vorstandsvorsitzenden im DAX auf nur ein Viertel seiner Bezüge und damit auf einen weiteren Tiefststand seit der Verpflichtung zum individuellen Ausweis der Vorstandsvergütung (2006). Der Anteil der mehrjährigen variablen Bezüge erhöht sich auf den höchsten Wert seit 2006 und stellt nun erstmals 50% der Gesamtvergütung dar.
Die aktuelle Vergütungsspitze im DAX bildet – wie schon in den beiden Jahren zuvor – der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, aktuell mit 13,16 Mio. Euro. Dieser Vergütungswert entspricht nach Stand der veröffentlichten Vergütungsberichte dem Höchstwert in Europa; im Vergleich mit aktuellen US-amerikanischen Vergütungen liegt er leicht über dem Durchschnittsniveau von 13,03 Mio. Euro. Insgesamt stehen stagnierende Vergütungen in Deutschland weiter steigenden Vergütungen in Europa und den USA gegenüber.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung DAX 2013“ der Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///). Sie stützt sich auf die quantitativen und qualitativen Angaben aller 30 DAX-Unternehmen zu ihrer Vorstandsvergütung.
Als Ursache der aktuellen Entwicklungen sehen die Studienautoren neben rückläufigen Unternehmensgewinnen (Net Income -7,9%) ein weiter gestiegenes Maß an Transparenz sowie ein bewussteres Agieren von Aufsichtsräten in Vergütungsentscheidungen: „Die Aufsichtsräte in den DAX-Unternehmen haben sich der Kritik der letzten Jahre gestellt und sind ihrer Verantwortung gerecht geworden. Die Vorstandsvergütung wird heute in keinem Aufsichtsrat mehr nebenbei erledigt. Im Gegenteil, Entscheidungen werden mit Sorgfalt und hohem Aufwand im großen Gremium getroffen“, erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch.
Studienautorin und hkp/// Senior Managerin Regine Siepmann ergänzt: „Im Vergütungspaket eines Vorstands hat der traditionelle Jahresbonus dramatisch an Bedeutung verloren. Die regulatorisch bedingt stärkere Mehrjährigkeit in der Vergütung kappt die Spitzen und führt beim aktuellen Vergütungsausweis zu einer Verstetigung von Vergütungshöhen. Gespannt warten wir auf die neuen DCGK Mustertabellen für 2014, aus denen erstmals auch die realisierte Langfristvergütung erkennbar transparent werden wird.“
Bonus-Anteil sinkt auf neuen Tiefstand seit 2006
Während 2013 die durchschnittliche Grundvergütung der Vorstandsvorsitzenden im DAX gegenüber 2012 mit +0,6% nur moderat gestiegen ist, sank die einjährige variable Vergütung (Jahresbonus) um -9,4% auf 1,21 Mio. Euro. Dieser Wert entspricht einem neuen Tiefststand, der zuvor schon 2012 mit 1,34 Mio. Euro gegeben war. Bei Betrachtung der Bezüge, auf die der Vorstand sofort Zugriff hat (Festvergütung und Boni), ergibt sich zwischen 2006 und 2013 ein Rückgang um fast -19%.
Demgegenüber werden die aktuellen Vergütungspakete eines Vorstandsvorsitzenden im DAX von der mehrjährigen variablen Vergütung dominiert. Diese repräsentiert mittlerweile die Hälfte der Direktvergütung oder zwei Drittel der variablen Bezüge. Der absolute Wert für 2013 beträgt 2,46 Mio. Euro. „Wer angesichts dieser Zahlen weiterhin von ausufernden Vorstandsvergütungen spricht, ist klar interessengeleitet, den Fakten entspricht es nicht.“, sagt Michael H. Kramarsch. „Seit 2006 hat sich die Vorstandsvergütung um durchschnittlich 2% pro Jahr erhöht und damit unterhalb der Inflationsrate“, so der hkp/// Managing Partner.
Abb.1: Entwicklung der durchschnittlichen Direktvergütungen der DAX-Vorstandsvorsitzenden im Jahresvergleich (2006-2013)
VW Vorstandsvorsitzender auch 2013 europäischer Spitzenwert
Wie im Vorjahr wird die Gruppe der Spitzenverdiener bei den Vorstandsvorsitzenden im DAX 2013 von Volkswagen mit 13,16 Mio. Euro Direktvergütung angeführt, gefolgt von Daimler (8,25 Mio. Euro), Deutsche Bank (7,48 Mio. Euro) und Merck (7,28 Mio. Euro). Am unteren Ende der aktuellen DAX-Rangreihe finden sich – ebenfalls wie im Vorjahr – die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden von Commerzbank (1,31 Mio. Euro) und Lufthansa (1,81 Mio. Euro).
Nach Vorlage von 45 Geschäftsberichten der 76 größten börsennotierten europäischen Unternehmen (STOXX® Europe 50 bzw. EURO STOXX 50®) nimmt Volkswagen damit aktuell auch auf europäischer Ebene die Spitzenposition ein, gefolgt von Novartis mit 10,53 Mio. Euro und Anheuser-Busch mit 9,81 Mio. Euro, jeweils Direktvergütung für den CEO. Im Vergleich mit den bisher veröffentlichten Angaben von 15 Unternehmen des Dow Jones Industrial (DJIA30) ordnet sich der deutsche Spitzenwert VW auf Platz 8 und damit geringfügig über dem US-Durchschnitt (13,03 Mio. Euro) ein. Die vorläufig höchste Direktvergütung erhält hier wie 2012 der CEO von Walt Disney mit umgerechnet 25,31 Mio. Euro.
Abb.2 „Direktvergütungen der DAX-Vorstandsvorsitzenden 2013 im internationalen Vergleich“
Aus deutscher Perspektive überraschend sind die im Vergleich zum DAX (1,29 Mio. Euro) relativ hohen Niveaus der durchschnittlichen Grundvergütung im STOXX (1,49 Mio. Euro) und Dow Jones (1,30 Mio. Euro) – aus Sicht von hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch ein Punkt, der insbesondere der deutschen Politik bewusst sein sollte. „Der gesellschaftliche Diskurs um Vorstandsvergütungen hat erkennbar zu einem Umdenken geführt. Die Zurückhaltung in der Vergütung ist aber sicher kein deutscher Exportschlager, wie man an weiterhin steigenden Vergütungen in Europa und in den USA erkennen kann. Deutschland ist zudem mit seinem Vergütungsausweis zum internationalen Musterknaben geworden. Es wäre wünschenswert, dass diese Entwicklung auch politisch anerkannt wird.“
EU-Initiative zu Say on Pay als neuerliches Beispiel politischen Wunschdenkens
Die aktuelle EU-Initiative zur Modifizierung der europäischen Aktionärsrichtlinie, mit der die Entscheidungshoheit für die Vorstandsvergütung über einen verbindlichen Say-on-Pay-Beschluss an die Aktionäre in der Hauptversammlung delegiert werden soll, sehen die Studienautoren als Angriff auf die deutsche Unternehmensverfassung. „Aufsichtsräte in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren dem Thema der Vorstandsvergütung offensiv gestellt und durch ihr Wirken zu den aktuell positiven Entwicklungen beigetragen. Jetzt sollen sie als Kontrollorgan ausgehebelt werden – das ist nicht nur naiv, sondern fahrlässig. Es ist Wunschdenken der deutschen Politik, dass angelsächsische Investoren oder Hedge-Fonds politisch genehme Entscheidungen zur Vorstandsvergütung treffen wollen und werden“, so Kramarsch.