Die Richtlinien der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) fordern für Banken und Wertpapierinstitute bereits seit 2021 bzw. 2022 explizit eine geschlechtsneutrale Vergütungspolitik. Die Umsetzung in nationales Recht ist durch die entsprechenden Angemessenheitskriterien in Deutschland in der Institutsvergütungsverordnung bzw. Wertpapierinstitutsvergütungsverordnung erfolgt, aber von der BaFin bisher nicht mit einer konkreten Erwartungshaltung an die Institute unterlegt worden. Auch in den unlängst veröffentlichen FAQs zur Institutsvergütungsverordnung - siehe dazu den hkp///group Standpunkt - finden sich dazu keine näheren Hinweise.

Umso interessanter ist für die Praxis daher der von der EBA veröffentlichte Bericht zur Umsetzung der geschlechtsneutralen Vergütungspolitik in europäischen Banken und Wertpapierfirmen. Dieser liefert einen umfassenden Einblick in die Sichtweise der europäischen Bankenaufsicht auf das Thema und damit auch mögliche künftige regulatorische Initiativen. Grundlage des Berichts sind die stichprobenhaft aus 353 europäischen Instituten bis Ende 2023 über die nationalen Aufsichtsbehörden erhobenen Daten.

Erwartungen zum Monitoring und Veröffentlichung des Gender Pay Gaps

Die EBA gutiert in ihrem Bericht zwar die weite Verbreitung formal geschlechtsneutraler Vergütungsregelungen, sieht aber noch Nachholbedarf bei der regelmäßigen Überwachung der praktischen Auswirkungen durch die Institute. Es wird betont, dass gemäß EBA-Guidelines insbesondere die regelmäßige Überwachung des Gender Pay Gaps verpflichtend ist. Dabei sollte aber im Sinne einer Good-Practice nicht nur der Gender Pay Gap für das gesamte Institut ermittelt werden, sondern auch für verschiedene Einheiten und Mitarbeitergruppen.

Eine freiwillige externe Veröffentlichung der ermittelten Gender Pay Gaps findet bisher nur bei einem Teil der Institute statt. Die EBA spricht sich klar für eine Veröffentlichung aus, als möglicher Motivator zur weiteren Pay Gap Reduzierung. Als zusätzliche mögliche Indikatoren zur internen und externen Veröffentlichung werden beispielsweise auch Geschlechterquoten auf Führungsebenen, Beförderungen, Gehalterhöhungen, Lage im Gehaltsband etc. genannt.

Die EBA ist auf einer Wellenlänge mit den weiteren EU-Regulatoren. Spätestens durch die anstehende CSRD-Umsetzung sowie die EU Pay Transparency Richtlinie wird für zahlreiche Institute die Offenlegung des Gender Pay Gaps verpflichtend und Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Es können jedoch weitere sektorspezifische Offenlegungspflichten hinzukommen. Daher findet sich das Thema inzwischen auch auf der Agenda von Unternehmensleitungen und Aufsichtsorganen wieder.
Isabel Jahn, Partner und Leiterin der hkp///group Financial Services Practice

Sinn und Zweck des Gender Pay Gap Monitorings

Die EBA stellt klar, dass das Vorliegen eines Gender Pay Gaps per se kein Zeichen für ein diskriminierendes Vergütungssystem sein muss. Die Institute sind aber aufgerufen, die Entwicklung der Kenngröße über die Zeit zu verfolgen. Ein unveränderte Pay Gap ist dabei laut EBA zumindest ein Indiz dafür, dass Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit noch nicht die gewünschte Wirkung entfalten. Die besondere Bedeutung des Themas Chancengleichheit wird damit erklärt, dass mangelnde Diversität zu Defiziten in der Qualität der Entscheidungsfindung führen kann.

"Die Veröffentlichung eines Gender Pay Gaps wird häufig noch kritisch gesehen, da sich die Zahlen je nach Struktur und Geschäftsmodell von Unternehmen deutlich unterscheiden können. Die EBA erkennt an, dass die Höhe des Gender Pay Gaps per se wenig aussagekräftig ist, aber eine Beobachtung der Veränderung im Zeitverlauf einen Hinweis auf nachhaltige Veränderungen liefern kann. Zudem sieht die Behörde das Thema Geschlechtsneutralität als Teil des Risikomanagements in der Banken- bzw. Wertpapierinstitutsregulatorik. Damit ist es grundsätzlich empfehlenswert, eine institutsinterne Analyse vorzunehmen und auch einen bereinigten Gender Pay Gap zu analysieren, um weitere Erklärungsansätze liefern zu können.“
hkp///group Senior Director Oliver Baierl

Notwendigkeit für und Herausforderungen im Grading

Die EBA betont die Notwendigkeit einer Systematik zur Feststellung gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit als Grundlage einer Überwachung der geschlechtsneutralen Vergütungspolitik sowohl für das Institut als auch für die Überwachung durch die Aufsichtsbehörden. Die überwiegende Mehrheit der Institute berichtet, dass sie dazu grundsätzlich Systeme etabliert haben. Gleichzeitig wird aber auch deren Anwendung als eine der wesentlichen Herausforderung beschrieben. Als einer der Gründe wird ein teils hoher Individualisierungsgrad von Rollen genannt, sowie zusätzliche notwendige Maßnahmen beispielsweise bei der Positionierung innerhalb von Gehaltsbändern.

Wie auch in der EU Pay Transparency Richtlinie verweist die EBA hier auf die faktische Pflicht der Einführung eines Funktionsbewertungssystems. Es wird aber deutlich, dass die bestehenden Systeme durch den gestiegenen Stellenwert von Fair Pay neuen Belastungsproben ausgesetzt sind. Insbesondere die Granularität der Kriterien und die Anzahl der Grades und damit verknüpften Vergütungsbändern oder Vergütungsindikationen wird hier für die Institute auf den Prüfstand zu stellen sein.

Link zum Bericht (EBA/REP/2024/16)

 

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Autor Isabel Jahn

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