Auch in 2024 traf sich wieder das Who-is-Who der Branchenvertreter auf dem Banken Gipfel des Handelsblatts. in diesem Jahr unter dem Motto „Zinsen, Immobilien, Geopolitik: Das Jahr der Entscheidungen“. Ein Rückblick auf die Veranstaltung von Isabel Jahn, hkp///group Partner und Practice Lead Financial Services, insbesondere mit Blick auf Herausforderungen speziell für die HR-Funktion in Banken.

Frau Jahn, BaFin-Präsident Branson hatte erst vor kurzem den Finanzinstituten „schwierigere Zeiten“ vorausgesagt. Wie waren die Reaktionen zu den von ihm aufgeführten Herausforderungen auf der Konferenz?

Isabel Jahn: Nun, die vom Bafin-Präsidenten gesetzten Themen wie steigende Kosten, Kreditausfälle, ein schwieriger Immobilienmarkt und sinkende Zinsmargen sowie steigende Risiken beispielsweise auch durch Cyberangriffe wurden in der Tat diskutiert, jedoch in einem größeren Kontext. Die Referenten sprachen zunächst über die geopolitischen Herausforderungen und das sinkende Vertrauen ausländischer Investoren in den Standort Deutschland, bevor sie die direkten Auswirkungen auf die Finanzindustrie beleuchteten. So warnte der Deutschland Co-CEO von Goldman-Sachs, Wolfgang Fink, vor einem neuen Handelskonflikt zwischen USA und China und die Konsequenzen für Europa. Christian Sewing, CEO der Deutschen Bank, bezog sich auf Gespräche mit Investoren und deren Blick auf Deutschland. Der politische Rechtsruck nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen müsse als Weckruf für die Umsetzung grundlegender Reformen verstanden werden, um Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Gleichzeitig appellierte er nachdrücklich an den Leistungswillen in Deutschland „Wir alle müssen wieder mehr arbeiten“. Bettina Orlopp, stellvertretende Vorstandschefin der Commerzbank, nannte als notwendige Maßnahmen insbesondere Steuererleichterungen, Bürokratieabbau, Flexibilität und größere Schnelligkeit, um international nicht den Anschluss zu verlieren.

Apropos Commerzbank, das Finanzministerium hatte kurz vor der Konferenz angekündigt, sich von seiner Beteiligung an der Commerzbank zu trennen – eine Überraschung?

Isabel Jahn: Co-CEO Bettina Orlopp formulierte es am ersten Tag der Konferenz und damit direkt nach der Ankündigung als „Rückkehr in die Normalität“. Sie betonte, dass die Commerzbank profitabel sei und die Entscheidung des Bundes daher „ausgesprochen positiv“ bewerte. Das klang nicht nach einer großen Überraschung in der Sache – möglicherweise aber hinsichtlich des Zeitpunktes. Und Finanzminister Lindner betonte am zweiten Tag der Konferenz das grundlegende ordnungspolitische Interesse des Staates, die eigenen Anteile an der Bank abzuschmelzen. Er hatte schon vor einiger Zeit Zufriedenheit mit der Umsetzung der Strategie 2024 der Commerzbank geäußert. Angesprochen auf die Möglichkeit, auch Angebote strategischer Investoren für die Übernahme der Anteile zu prüfen parierte er, dass er als Vermögensverwalter der Bürgerinnen und Bürger immer für Gespräche offen sei. Die jüngsten Ereignisse der Übernahmebemühungen durch die Unicredit zeigen die Aktualität dieser Debatte.

Wie hat sich der Finanzminister zu inhaltlichen Themen und Forderungen der Branche geäußert?

Isabel Jahn: In seinen Ausführungen benannte er die schnelle Umsetzung des Wachstumspakets und Verschärfungen in der Migrationspolitik als Grundlagen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Ampelkoalition. Er erklärte aber auch, dass die Wirtschaft auf der Stelle trete und da könne die Politik nicht zusehen. Anfang Juli waren daher in der Koalition für die Wachstumsinitiative 49 Maßnahmen formuliert worden, um die Wirtschaft zu stärken. Auch eine Reform des Bürgergeldes oder des Lieferkettengesetzes und Steuerreformen sowie Bürokratieabbau nannte er als relevante Themen. Gleichzeitig appellierte er jedoch auch an die Unternehmen, sich weniger auf Subventionen zu verlassen, sondern mit mehr Aufbruchsgeist, Unternehmertum und Innovationskraft zu agieren.

Aber Politik sollte schon die entsprechenden förderlichen Rahmenbedingungen schaffen…

Isabel Jahn: Ja, den Rahmen könne Politik liefern, nicht aber die Mentalität der Menschen ändern. Mehr Arbeit und mehr Risiko führt zu mehr Wachstum, diese Formel müsse von allen Seiten unterstützt werden. So könnten zwar politische Anreize gesetzt werden, um Leistungsbereitschaft zu fördern, beispielsweise durch Zuschläge für Mehrarbeit oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten, um Arbeit auch in Teilzeit zu ermöglichen. Die Umsetzung liege aber bei der Gesellschaft und den Unternehmen: „Spitzenmäßige Ansprüche brauchen auch spitzenmäßige Leistungen“, so Lindner. Er bezog dies auch auf die Finanzdienstleistungsbranche – der er im Übrigen aber versicherte, dass deren spezifischen Forderungen, wie beispielsweise die Einführung der Kapitalmarktunion, von ihm unterstützt werden.

Welche weiteren branchenspezifischen Themen waren auf der Konferenz noch virulent?

Isabel Jahn: Diskutiert wurden u.a. die Zinsentwicklung, die Krise der Immobilienbranche, Regulierungsinitiativen wie Krypto-Regulierung, Verbraucherkreditrichtlinie oder DORA. In Richtung technologischer Herausforderungen wurde der Einsatz künstlicher Intelligenz und entsprechender Anwendungsfälle diskutiert. Bei den eher allgemeinen Transformationsthemen wurde auch der sich verändernde Wettbewerb durch Challenger Banken sowie Neobroker intensiv debattiert. Dabei kam immer wieder die Perspektive auf, wie dieser Wandel gemanaged und Mitarbeitende auf dem Weg mitgenommen werden können, auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels bei gleichzeitig sich dynamisch verändernden Anforderungen und Skills der Belegschaft.

In Richtung Politik wiederum wurde vielfach der Wunsch nach der Kapitalmarktunion formuliert, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und allgemein Bürokratieabbau gefordert. Konkret ging es auch um die steuerliche Förderung und staatliche Umstellung der Altersvorsorge auf Anlagen am Kapitalmarkt und im weiteren Sinne um die ordnungspolitischen Möglichkeiten der Förderung von Leistung.

Wie positioniert sich die Branche beim Thema Zinsentwicklung?

Isabel Jahn: Der oberste Wertpapierhändler von Goldman Sachs, Ashok Varadhan, forderte hohe Zinssenkungen seitens der Fed, um der Abschwächung bzw. Stagnation der Wirtschaft in den USA und immer mehr Regionen der Welt zu begegnen. Diese Forderung wurde sehr aktuell nun auch erfüllt, durch eine Senkung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte, mehr als die meisten Branchenkenner erwartet hatten. Interessant ist, dass auch die EZB, zwar nicht unerwartet aber bereits vor der FED-Entscheidung, eine doppelte Zinssenkung beschlossen hat: um 25 Basispunkte beim Einlagenzins und um 0,6 Punkte für den Hauptrefinanzierungssatz.

Die Auswirkungen der Zinspolitik, insbesondere die sinkenden Einnahmen, wurden auch auf der Konferenz illustriert. Beispielsweise hatte die DKB 2023 mit hohen Tagesgeldzinsen viele Kunden angeworben. Nachdem die Zinsen im ersten Halbjahr 2024 gesenkt werden mussten, flossen massiv Kundengelder wieder ab. Der neue CEO der Bank, Sven Deglow sah darin jedoch kein Problem, da ausreichend Einlagen bestünden und man außerdem ja „keine Zinshopper haben wolle“. In seinen Ausführungen konzentriere er sich auf Investitionsfelder wie die IT und den Ausbau des Wertpapiergeschäfts und beschrieb das aktuelle Personalabbauprogramm als Voraussetzung, um Wachstum und Zukunftsfähigkeit zu gewährleisten. Da das Programm 2023 in einem besonders erfolgreichen Jahr gestartet wurde, seien die internen Gespräche nicht immer einfach. Er erlebe aber auch Verständnis seitens der Mitarbeitenden, verbunden mit der Erwartung, dass die Maßnahmen tatsächlich Abläufe, Produkte und Prozesse verbessern und sich Arbeitserleichterungen ergeben.

Wurden auch die Entwicklungen am Immobilienmarkt thematisiert?

Isabel Jahn: Helaba Chef Thomas Groß brachte das Thema auf die Tagesordnung, sah aber eine Trendwende bei Wohnimmobilien voraus und erste belastbare Zeichen für eine Verbesserung der Situation bei Büroimmobilien. Das Immobiliengeschäft sei als zyklisch bekannt, und der Trend zu Home Office und New Work habe einen enormen Druck ausgelöst, der noch anhalten werde. Zudem werde das Thema der Energiesanierung über die nächste Jahre noch hohe Investitionen erforderlich machen – hier seien Asset Manager, private Investoren und der Staat gefragt, um diese zu stemmen. Dies sei aber letztlich eine Chance, denn „ein Dach über dem Kopf brauchen alle“, daher werde sein Haus im Geschäftsfeld der Immobilienfinanzierung aktiv bleiben.

Wie haben sich die Vertreter der Neo-Banken präsentiert?

Isabel Jahn: Unter dem Motto „Die Zukunft des Retail-Bankings: Europäisch, digital, profitabel“ zeigte sich Valentin Stalf, Co-Founder & CEO von N26, optimistisch, dass sein Institut nach dem Ende der von der BaFin auferlegten Wachstumsbeschränkungen bei einem Stand von 4,2 Mio. ertragsrelevanten Kunden nun einerseits aus regulatorischer Perspektive robuster aufgestellt sei. Man habe gelernt, mit der Aufsicht schneller in einen aktiven Dialog einzusteigen, um so regulatorische Themen der Zukunft aktiv mit zu gestalten. Andererseits sei man auch stolz, dass die Bank seit Juni 2024 profitabel operiere. Um diese beiden Ziele zu erreichen, seien Umstellungen im Team und Investitionen notwendig gewesen. Andererseits profitiere man aber auch von sehr guten Margen in den europäischen Märkten. Nach dem Alleinstellungsmerkmal von N26 gefragt, zeigt er sich überzeugt, dass die Bank aufgrund eines geringeren Kostenniveaus langfristig bessere Konditionen als traditionelle Retailbanken bieten und so Zinsvorteile weitergeben könne. Außerdem beanspruchte er, „die beste usability“ zu bieten.

Ein sehr spezifisches Thema stellt die kapitalmarktorientierte Altersvorsorge dar. War auch sie ein Thema?

Isabel Jahn: In der Tat, der Co-CEO und CFO von flatexDEGIRO zog einen Vergleich zum norwegischen Staatsfonds, der bei einem Fondsvermögen von 1000 Mrd. Euro eine Rendite von 4000 Euro pro Monat pro Person erwirtschafte, während die Prognosen für Deutschland im Jahr 2036 bei 10 EUR pro Monat lägen. Hier sei dringend Finanzbildung und Aufklärung nötig, um die die private Altersvorsorge in Aktien zu fördern. Auch verwies er auf den Auftrag der Branche, die Vorteile von langfristigen Aktieninvestments zu erklären. Sein dringender Apell an die Politik: „Wir brauchen den großen Wurf“ und explizit auch weitere steuerliche Incentivierung.

Und wie steht es insgesamt um die Transformation in der Branche?

Isabel Jahn: Das Thema Transformation ist allgegenwärtig, auch bei den traditionelleren Häusern. So berichtete Stefan Barth, CEO der OLB: Nach einem Relaunch der Marke und dem entsprechenden Wandel sehe man sich inzwischen als Challenger Bank. Wobei er mit einem Missverständnis aufräumte: Die OLB sei nie eine Landesbank gewesen sondern immer eine private Geschäftsbank. Und der Wandel sei mit der neuen Eigentümerstruktur gut umsetzbar: „PE Investoren sind gute Investoren“. Der Fokus läge natürlich auf Zahlen und Rendite, aber gleichzeitig sei man sehr entscheidungsschnell. Es sei aber wichtig, sich neu zu erfinden und immer zu hinterfragen, um unprofitable Produkte und Services zu identifizieren sowie neue Geschäftsfelder zu entdecken. Als Erfolgsfaktoren nannte er dabei ein heterogenes und erfahrenes Management Team, Investitionen in den Aufbau von Teams für Zukunftsthemen und Ehrlichkeit in der Kommunikation. Übergeordnet beschreibt er den Standort Deutschland als positiv und stark, unterstreicht jedoch auch die Notwendigkeit von Bürokratieabbau und Energiesicherheit. Insbesondere der Fachkräftemangel sei ein zentrales Problem der Wirtschaft.

Wie wirkt sich die Transformationsfinanzierung der Wirtschaft auf die Branche aus?

Isabel Jahn: In einem Thesen-Talk mit von Lutz Diederichs CEO der BNP Paribas Deutschland, Dr. Ingrid Hengster, CEO Germany und Global Chairman Investment Banking von Barclays und Aysel Osmanoglu, CEO der GLS Bank, wurde einstimmig betont: Die Kapitalmarktunion ist eine der wichtigsten Grundlagen, da die Kosten für die grüne Transformation nicht allein aus dem Staatshaushalt finanziert werden können und privates Kapital sowie ausländische Investoren erforderlich sind. Kontrovers diskutiert wurde, ob und inwieweit Kreditfinanzierungen für Unternehmen möglich sein sollen, die heute noch fossile Energie nutzen: „Jeder Kredit entscheidet über eine klimafreundliche Zukunft“. Gleichzeitig müsse aber die Transformation dieser Unternehmen auch finanziert werden.

Einigkeit herrschte wiederum in puncto EU-Taxonomie. Dieser Weckruf sei notwendig, allerdings handwerklich nicht gut umgesetzt. Zudem sei auch ein einheitliches Vorgehen in Europa nötig. Grundsätzlich könne man heute aber sagen, das sich nachhaltige Investitionen auch aus reputativer Sicht lohnen würden: „Kunden bleiben aus, wenn Banken nicht nachhaltig agieren oder dieses Thema vernachlässigen“. Auch in Einstellungsgesprächen würde inzwischen explizit nach "Purpose“ gefragt.

Transformation geht auch immer einher mit Technologie. Was waren die Beiträge dazu?

Isabel Jahn: Auf die möglichen Vorteile von Investitionen in Technologie wie künstliche Intelligenz angesprochen, nannten verschiedene Referenten ein gutes Kundenerlebnis und effiziente Operations als Ziele, wobei bestimmte Funktionen in der Zukunft durch AI ersetzt oder effizienter umgesetzt werden, z.B. in regulatorischen Bereichen wie Compliance, aber auch in Stabsfunktionen wie HR. Die meisten Banken investieren bereits in AI-Lösungen mit dem Ziel eines deutlich Daten-getriebeneren Geschäfts und neuen Kundenerlebnisses, nicht zuletzt durch effizientes Dokumentenmanagement und Schnelligkeit im Kundenservice.

Der COO der ING, Dr. Ralph Müller, erläuterte das Unternehmensziel, alle Prozesse voll digital durchlaufen zu lassen. Hier sei man heute schon bei 75%: Unterlagen in der Kreditprüfung seien schon eliminiert, Kunden-Emails würden im Vorfilter durch generative KI durch „sentiment checks“ analysiert und an die richtigen Stellen zur Bearbeitung weitergeleitet etc. UniCredit CEO Marion Höllinger prognostizierte, dass die Digitalisierung einen immer größeren Einfluss auf klassische Bankdienstleistungen haben werde, die persönliche Kundenberatung in komplexen Beratungssituationen, beispielsweise bei Finanzierungen, aber bestehen bleibe. Am meisten könne Technologie die Effizienz von Prozessen, die Erkennung von Kundenbedarfen und die Risikominimierung sowie Betrugsprävention unterstützen.

Müssen sich Bankmitarbeitende im Kontext von Digitalisierung und Technologisierung von Prozessen auf raue Zeiten einstellen?

Isabel Jahn: Bei Nutzung des vollen Potentials von Digitalisierung und KI muss es nicht zwingend zu einem Stellenabbau kommen, so der Tenor. Mehr Effizienz durch KI führe zu einem Shift von Mitarbeitenden in andere Rollen, beispielsweise in Kontrollfunktionen hinsichtlich der Datenqualität und ethischer Fragestellungen. Auch eine Möglichkeit des Stellenaufbaus wurde diskutiert, der sich aber in einer Wanderung in die Unternehmen zeigen könnte, die investieren und bei weiteren Technologiesprüngen mithalten können. Digitale Bildung der Belegschaft wurde zudem als eine zentrale Voraussetzung der Technologisierung von Geschäftsprozessen genannt.

Wie blickt die Branche auf die aktuelle Diskussion zum Standort Deutschland?

Isabel Jahn: Hier äußerte sich unter anderem Tobias Vogel, CEO der UBS Europe. Für einen Aufbruch müsse vor allem Bürokratie abgebaut und die Steuerbelastung gesenkt werden. Auch brauche es Anreize, Fachkräfte wieder ins Land zu holen. Dennoch: Insbesondere der Finanzstandort Frankfurt sei weiterhin attraktiv. Er profitiere von der Multizentralität. Zudem sei der deutsche Markt offener als andere. Aber: Bei weltweit 540 Börsengängen 2024 fanden nur drei in Deutschland statt und auch in Europa bestehe ein Kapitalmarktproblem. Privates Kapital müsse mobilisiert werden, das den Weg in den Markt findet. Vogel forderte eine starke Kapitalmarktunion. In der EU würden 650 Milliarden Euro pro Jahr gebraucht, um die Transformation der Wirtschaft und des Klimawandels zu schaffen, und 150 Milliarden Euro für den digitalen Wandel. Hinsichtlich der hauseigenen Transformationsanstrengungen bezogen auf die Übernahme der Credit Suisse, sei man aber auf einem guten Weg, so Vogel.

Auch die spezifischen Diskussionen zum Thema Kulturwandel, Innovation & New Work in Zeiten des Fachkräftemangels in mehreren Runden waren überaus lebhaft…

Isabel Jahn: ... weil sie zentrale Aspekte der Transformation treffen. So diskutierten Dr. Annegret Saxe, Vorständin der Sparkasse Münsterland Ost, Amadeus von Kummer, Chief Market Officer von Teylor und Nina Pütz, Managing Director von Ratepay, die Auslöser für den Kulturwandel. Insbesondere die Covid-Pandemie wurde als Quantensprung für Remote Work gesehen. Hinzu komme eine stetige Veränderung der Arbeitsbedingungen durch technologischen Fortschritt, aber auch gesellschaftliche Veränderungen. Man war sich aber einig: Die Kultur leidet bei zu viel Home Office, die Loyalität zum Arbeitgeber nehme ab. „Es sollte sich bei 50% einpendeln“. Um trotzdem ein Gespür für die Stimmung zu erhalten, werde vielfach häufiger und regelmäßig die Mitarbeiterzufriedenheit gemessen.

In Start-ups wiederum würden aktuell zwei Drittel aller Mitarbeitenden oder mehr vollständig remote arbeiten, aus wirtschaftlichen Gründen und auch um internationale Spezialisten zu gewinnen. Im Filialgeschäft hingegen funktioniert kein Home Office, dennoch werde geschaut, was möglich ist. Die Anwesenheit wird dabei im Durchschnitt durch die Teams selbst gemanaged.

In puncto Fachkräftemangel werde es immer wichtiger, auf Arbeitnehmerpräferenzen einzugehen, beispielsweise durch Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort, bei gleichzeitiger Übertragung von mehr Verantwortung. Dies führe automatisch zu mehr Motivation, Loyalität und Leistungsbereitschaft. Führungskräfte benötigten daher deutlich mehr Empathie, um auf Mitarbeitende einzugehen, und gleichzeitig Guidance zu geben. Junge Mitarbeitende seien heute weniger hierarchiehörig, hinterfragten deutlicher den Purpose des Arbeitgebers und ihre Entwicklungsmöglichkeiten. Es werde immer anspruchsvoller, geeignete Bewerber für die Finanzindustrie zu finden. Daher werde viel mehr in Ausbildung und frühe Anwerbung von jungen Menschen über Praktika und flexible Einstiegstermine investiert.

Im Weiteren seien zudem auch seniore und diverse Managementteams gefragt, die den wachsenden Anforderungen gerecht werden können. Diese sollten durch eine entsprechende Auswahl bei der Besetzung sichergestellt werden. Aber auch in jeder Hinsicht diverse Teams werden für die Branche immer relevanter. So sei der Anteil an weiblichen Tech Talenten in den traditionellen Häusern noch zu gering, in Fin-Techs hingegen seien es inzwischen teilweise schon 50%. Insgesamt muss es auch in der Finanzdienstleistungsbranche darum gehen, dass Mitarbeitende an Arbeit und Erfolg Spaß haben können. Dies müsse man vermitteln.

Das klingt in der Tat nach großem Handlungsbedarf für Banken, aber auch für das Personalmanagement. Was ist speziell aus dieser Perspektive Ihr Fazit der Konferenz?

Isabel Jahn: Die Branche hat vielfältige Herausforderungen zu stemmen und die strategischen Weichen richtig zu stellen. Auf mehrere zentrale Themen der Konferenz müssen CHROs mit ihren HR Abteilungen, die als People & Culture Bereich vielfach einen Gestaltungsanspruch für die Themen an der Schnittstelle zwischen Personalmanagement und Kulturwandel formulieren, eine Antwort haben. Dazu zählen:

  • Welche Möglichkeiten und HR-Instrumente haben wir, um die Transformation effektiv zu unterstützen?
  • Was tun wir, um die Leistungsbereitschaft der Belegschaft zu fördern und zu incentivieren?
  • Wie sieht unsere Antwort auf den Fachkräftemangel aus - wie finden, entwickeln und binden wir die passenden, leistungsbereiten, technologie- und finanzaffinen Talente?
  • Wie begegnen wir den Anforderungen jüngerer Generationen nach Purpose und Autonomie bei Arbeitszeit- und -ort?
  • Wie erreichen wir den kulturellen und organisatorischen Change vor dem Hintergrund zunehmender Technologisierung, inklusive der Nutzung künstlicher Intelligenz, in zentralen Geschäftsprozessen?
  • Wie werden künftige Anforderungen und Rollen definiert, welche Skills benötigt beispielsweise ein Finanzanalyst, ein Kundenberater oder Call Center Agent von heute in der Zukunft, wenn die originären Aufgaben durch KI-Unterstützung wegfallen?
  • Wie können wir auf dieser Basis das „Workforce Management“ planen?
  • Welche Qualifikationen benötigen Führungskräfte, um dies zu unterstützen und sind die Managementteams diesbezüglich passend aufgestellt?

Personalverantwortliche in Banken sollten daher – ausgehend von der geschäftsstrategischen Zielsetzung ihres Hauses – die entscheidenden personalstrategischen Impulse und Antworten auf die genannten Fragen entlang des Employee Lifecycle zeitnah geben können. In Teilen klangen Lösungen und Wege auf der Konferenz an, ein ganzheitlicher Blick zeigt aber: wichtige Entscheidungen sind in der Branche noch zu treffen und HR kann diese gestalten!

Frau Jahn, herzlichen Dank für das Gespräch!

* Isabel Jahn
Autor Isabel Jahn

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